Hinrundenrückblick – Fussball am seidenen Fähnchen (upd. – jetzt mit Fotostory)
Auf Schalke zu verlieren ist keine Schande (2:1), auch wenn es am Ende (mal wieder) nicht hätte sein müssen. Irgendwie war das Spiel noch einmal eine Zusammenfassung der gesamten Hinserie, sozusagen alles en bloc noch mal auf den Punkt gebracht und für das Resümée warten wir – auch das würde passen – auf die Ergebnisse der anderen, also Duisburg und Rostock, und die Frage, ob man am Ende über dem Strich bleibt oder drunter.
Was zu der These führt? Ganz einfach: Den Anfang verschlafen und irgendwie nicht ins Spiel gekommen – so wie viele der Bundesliga-Spiele (z.B. zuletzt in Duisburg, aber auch gegen Frankfurt), aber wie auch die Saison insgesamt: Gegen Karlsruhe irgendwie nicht in die Saison gekommen, dann halbwegs das Spiel/die Saison im Griff gehabt und dann zwei unnötige Rückschläge (Bremen und auch Cottbus) und ab da lief man hinterher, bemüht (Hannover, Hamburg, Leverkusen), aber am Ende weitgehend erfolglos.
Wie in der ganzen Saison stand man eigentlich sicher, um dann mit individuellen Fehlern (z.B. Engelhardt mit Eigentor) halb unglücklich halb zufällig Nackenschläge zu kassieren. Und wie irgendwie immer in der Saison stimmt die Moral und auch das Potential und man kommt noch mal ran, hat eine Mannschaft wie Schalke (man bedenke: Gruppenphase Champions League gerade überstanden!) auf Schalke (> 60.000 Zuschauer im Nacken) in der 2. Halbzeit nicht nur im Griff, sondern schafft den Anschlußtreffer und steht vor dem Ausgleich (Pfostenschuß nach Freistoß Misimovic), um dann in der Dramaturgie der Saison einstimmend in Nachspielzeit doch tatsächlich den Ausgleich doch noch vor Augen zu haben, doch Mintal – der immer lieber versucht den Ball doch noch zu kriegen statt sich mit der Choreographie eines bundesliga-üblichen Abflugs zu beschäftigen – spitzelt nach klarem Foul von Kristajic den Ball nur an den Pfosten. Der Elfmeter-Pfiff blieb aus – das hat man dann auch oft schon anders gesehen. Danach: Schluß, Aus. Mal wieder viel Lob, ein gegnerischer Trainer der selbst vom glücklichen Sieg spricht und ein Meyer, dem das ewige verweisen auf eben diese Entscheidungen und fehlenden Zentimeter und individuelle Fehler schon selbst auf die Nerven geht – allein: was soll er denn sonst sagen? Eine Mannschaft, die (Stand: 16. Spieltag) in der Liga hinter Bayern und Bremen den meisten Ballbesitz hat, im ordentlichen Mittelfeld im Zweikampfverhalten sich befindet, Platz 7 bei den Torschüssen belegt und sich 102 Chancen (Platz 7 in der Liga!) erarbeitete, dabei aber nur 20 Treffer erzielte, um damit Platz 2 in der Rubrik Chancentod zu belegen.
Kommen wir zum seidenen Fähnchen – also eine Art Allegorie zum seidenen Faden – die Schiedsrichterentscheidungen. Ja, man soll sie nicht bejammern, wir wissen das, und alles gleicht sich irgendwann aus, wir hoffen das, aber auf Schalke ein Elfer in der Nachspielzeit hätte uns – das Verwandeln vorausgesetzt – mit dem zugehörigen Unentschieden besser zu Gesicht gestanden. Viele Fehlentscheidungen gleichen sich in der Tat oft aus, in dieser Saison sind es aber bisweilen wegweisende. Wir erinnern uns an den regulären Siegtreffer in Cottbus von Nicky Adler kurz vor Schluß – es sind “nur zwei Punkte”, aber damit wäre man vom 4. Spieltag an wohl nie auf einem Abstiegsplatz gelandet und hätte auch nach dem 17. mehr Puffer nach unten. Dann noch das Spiel in Duisburg. Natürlich hat man das selbst vergeigt, aber der klare Elfer von – später dann zum Mann des Tages erkoren, kaum vorzustellen, hätte der Schiri gepfiffen, was er hätte müssen – Roque Junior verursacht, hätte das Spiel anders laufen lassen, wie auch die nicht-gegebene Rote gegen Grilic nach klarem Ellbogencheck – Grilic machte danach den Siegtreffer. Ja, statistisch gleicht sich alles aus – aber das heisst nicht, dass es sich auch in der Relevanz für die Spielentscheidung auswirkte. Nun noch der nicht gegebene Elfer auf Schalke. Allein diese Szenen summiere ich mal auf 4 Punkte – 4 Punkte, die den Club mit 19 Punkten auf den 12. Platz gebracht hätten mit einem Sicherheitsabstand (da sowohl Cottbus wie auch Duisburg begünstigt waren) von 5 Punkten auf die Abstiegsränge beschert hätten. Das wäre eine ziemlich andere Nummer gewesen als mit 15 Punkten im Einzugsgebiet Tabellenkeller.
Spontan fällt mir keine vergleichbare uns so spielentscheidend bevorteilende Szene ein. Einzig das Tor zur 2:1 Führung gegen Frankfurt war wohl ein Handspiel vorausgegange – aber bei Endstand 5:1 mag ich da, auch wenn es eine wichtige Führung war, dann doch nicht von entscheidend reden. Nur einmal denke ich an den Schiedsrichter mit großer Zufriedenheit – als er den Ausgleich der Berliner nicht anerkannte (Endstand 2:1). Bemerkenswert: Zu Recht nicht anerkannte, denn es war tatsächlich Abseits, wenn auch schwer erkennbar. Doch wollen wir uns nicht ausrechnen, wenn das Fähnchen unten gebliebe wäre – hätte man dann Meyer noch halten können? Wäre dann – auch nach der weiteren Nullnummer auf Schalke – die große Krise ausgebrochen?
Dafür also ein Lob, doch bleibt die Erkenntnis, dass wir auch in punkto Schiedsrichterentscheidungen wahrlich nicht – wie das Meyer so schön sagte – “vom Glück geprügelt” wurden. Und das alles behaupte nicht nur ich, das hat auch die “wahre Tabelle” so ermittelt. Nutzt aber alles nichts.
Eigentlich passte alles diese Saison – auf dem Papier. Und dafür ging alles schief – auf dem Platz. Was bleibt ist die Zuversicht, dass es ja eigentlich nicht angeht, dass man immer so blöd verliert und alles immer zusammenkommt. Die Gewissheit, dass sich die eigentlich gute Spielanlage mit der Chancenerarbeitung und dem Ballbesitz, auch kurz und mittelfristig durchsetzen wird, wenn nicht die Panik ausbricht – wonach es nicht aussieht, gerade eben auch und durch Hans Meyer. Und wenn tatsächlich die Verletzten (vor allem Pinola und Vittek) sich mal ganz auskurieren könnten über den Winter und die Neuzugänge die erhoffte Stabilität in der Breite (Abardonado) und vielleicht sogar in der Spitze (Koller) brächten, wäre auch individuelle Klasse mehr auf dem Platz, die mal eine entscheidende Situation verhindern oder erzwingen könnten.
Nein, es sind wahrlich keine Durchhalteparolen, und ich verweise gerne auf den sehr treffenden Artikel von Hans Böller in den Nürnberger Nachrichten, der schon im Vorspann resümiert Am Samstag beim FC Schalke 04 geht das Bundesliga-Jahr 2007 für den 1.FC Nürnberg zu Ende: ein Jahr zwischen Pokalsieg und Abstiegsangst – aber, immer noch etwas ungewöhnlich für Nürnberg, auch in Extremen ein Jahr ohne Panikmache. und er Meyer kurz nach dem Pokalsieg zitiert mit den Worten, ‘was der Mannschaft noch fehlt ist die Erfahrung einer sportlichen Krise’. Womit Böller auch meine emotionale Marschroute für die Rückrunde beschreibt: Nürnberg auf dem Weg zu einer gefestigten Bundesligamannschaft mit dem potential für positive ßberraschungen und einer Stabilität für den Alltag – eigentlich genau das, was die Fans ja wollen. Wenn dieser Weg durch ein Tal wie dieses gehen muss, dann soll es eben so sein. Nur einmal (gegen Duisburg ob der unnötigen Niederlage und der pomadigen ersten Halbzeit) hatte ich echten Zweifel an der Mannschaft – aber auch der verflog nach dem unerschüttlichen Kampf gegen Alkmaar um sein Endspiel im UEFA-Cup gegen Larissa.
Fussball hängt oft am seidenen Faden, an Einzelentscheidungen, an dem einen Fehler im falschen Moment. Aber am Ende und auf eine Saison bezogen setzt sich Qualität und Konzept durch. Und nur Panik und Auflösungserscheinungen machen aus einem Tal der Tränen einen Abgrund. Nürnberg ist stabil, sportlich und spielerisch in der Lage auch Schalke trotz 0:2-Rückstand fast in die Knie zu zwingen, glaubt an sich, seinen Trainer und die Führung, und hat treue Fans, die volle Rückendeckung geben.
Jetzt spielen wir noch unser Endspiel gegen Larissa – das Ergebnis wird außer Konkurrenz für die Bundesliga-Saison sein. Allein so weit gekommen zu sein, diese Chance zu haben, ist alles, was wir wollten. Natürlich wäre ein Weiterkommen ein Traum und vielleicht auch das letzte entscheidende Argument für Jan Koller, auch wenn er angeblich mit dem FCN schon einig ist und nur noch die Vereine handelseinig werden müssen. Aber vielleicht auch eine Doppelbelastung zu viel und ein Preistreiber-Argument für die Ablösehöhe. Wer weiß das schon. Der Donnerstag wird einfach ein Festtag zum Jahresausklang, nicht mehr, nicht weniger.
Für 2008 wünschen wir uns wohl einfach ein bisschen was dazwischen. Muss nicht so atemberaubend schon sein wie letzte Saison, muss auch nicht so tiefbetrübt wie die Hinserie werden. Ein paar schöne Siege zu Hause, ehrliche Arbeit mit Offensivbemühen auswärts uns unter dem Strich irgendwas zwischen 42 und 50 Punkte pro Saison. Das wäre doch was … naja, wahrscheinlich. In Frankfurt (meiner Wahl-Heimat) ist man genau an dem Punkt und glücklich wirken die hier alle auch nicht gerade. Fußball ist halt eben auch schön in den Extremen. Deswegen ist man vielleicht auch gerade und gern Club-Fan.
Beenden wir das Jahr 2007 mit dem Geist des Sommermärchens der WM in Deutschland – also mit den Worten Xavier Naidoos (unterlegt mit einigen zufälligen untermalenden Bild-Impressionen):
Dieser Weg wird kein leichter sein
Dieser Weg wird steinig und schwer
Nicht mit vielen wirst du dir einig sein
Doch dieses Leben bietet so viel mehrEs war nur ein kleiner Augenblick
Einen Moment war ich nicht da
Danach ging ich einen kleinen Schritt
Und dann wurde es mir klar
Dieser Weg wird kein leichter sein
Dieser Weg wird steinig und schwer
Nicht mit vielen wirst du dir einig sein
Doch dieses Leben bietet so viel mehrManche treten dich
Manche lieben dich
Manche geben sich für dich auf
Manche segnen dich
Setz dein Segel nicht,
Wenn der Wind das Meer aufbraust
Dieser Weg wird kein leichter sein
Dieser Weg wird steinig und schwerNicht mit vielen wirst du dir einig sein
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Doch dieses Leben bietet so viel mehr
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Lyrics Xavier Naidoo (Söhne Mannheims) – Dieser Weg
Und wer es sich anhören will: Direktlink zu Youtube
Diesen Artikel kann man auch im Hausblog “Zielpublikum” des Autors lesen und auch dort mitdiskutieren. Normalerweise dupliziere ich die Artikel nicht mehr und schreibe meist zum Club nur noch hier, aber zum Jahresausklang …
Bilder mit freundlicher Genehmigung von fcn.de / Bongarts
Danke, Alexander, für den wie gewohnt scharsinnigen und treffenden Kommentar, dem ich voll zustimme. Abgerechnet wird am Schluss – nach 34 und nicht nach 17 oder sonst wievielen Spieltagen. Auch ich habe volles Vertrauen in Mannschaft und Trainer.
Dennoch bleiben einige Fragen:
1. Kann mir jemand sagen, warum es zu diesem Ergebniseinbruch (ich sage bewusst nicht: Leistungseinbruch) über nahezu die gesamte erste Hälfte der Bundesligaspielzeit gekommen ist – sind immer nur die anderen bzw. der Schiedsrichter schuld? Warum gab es manchmal erschreckend schwache Spiele (selbst wenn man nicht kann, muss man als Profi wollen und dies auch zeigen? Was sind die Ursachen? Pech ist mir, ehrlich gesagt, über 17 Spieltage zu wenig.
2. Der FCN hatte, wenn ich mich recht erinnere, zu Saisonbeginn den Kader mit den meisten Spielern (über 30). Selbst bei dem eingetretenen Verletzungspech müsste er eigentlich ausgereicht haben. Es sei denn, die Leistungsdichte war zu unterschiedlich. Wer war dann dafür verantwortlich? Hier drängen sich Fragen auf z. B. nach Saenko (was war wirklich los?), Mnari (unerklärlich blasses Spiel nach seiner Verletzung), Pagenburg (warum nicht eingesetzt? Machte letzte Saison einen kurzen, aber guten Eindruck). Wurde nicht richtige eingekauft (der Mitbewerb schläft nicht und wird auch immer besser)?
Trotzdem: Wer realistisch ist, freut sich auf die Rückkehr von Pinola und Vittek, die angedachten (angekündigten?) Verstärkungen, über das unerwartet gute Abschneiden im UEFA-Cup, ist sich des Klassenerhalts ob einer vermutlich guten Rückrunde sicher und freut sich auf die nächste Saison in der 1. Bundesliga – mit einem noch stärkeren Kader an einer Position in der vorderen Tabellenhälfte.
Wir sin der Club
Wir sind der Club
Kann ja nur aufwärts gehen!Und Vittek u. Pinola kommen ja auch besstimm wieder
ausserdem is ja jetzt Big-Foot aus Tschechien da,der macht bestimmt auch genügend Tore