Papa, darf ich für die Bayern sein? – Nein, mein Sohn. – Aber warum nicht?

Papa, darf ich für die Bayern sein?
Nein, mein Sohn.
Aber warum nicht?

Verbieten kann man es dem eigenen Filius nicht, das ist klar, ein Verbot liefert dann spätestens in der Pubertät die Steilvorlage für den “Schon als Kind immer unterdrückt”-Anwurf, der sich dann als Trotz-Fan kanalisiert. Also braucht es Argumente – spontane, ehrliche unrecherchiert emotional schlüssige Aussagen, die natürlich subjektiv und überzeichnet sind, aber ehrlich gemeint.

Aber warum denn nicht, Papa?
Weil, weil, weil … Na weil die gemein sind!

Gemein? Ist das nicht ein wenig überzogen? Machen die nicht auch so schöne Benefizspiele, auch am Kiez und sogar im Osten!?! Und haben sie nicht auch so manchen Punkt in Nürnberg *hüstel* verstolpert, als man vorne weg war und dem Club mal wieder das Wasser bis zum Halse stand? Und agieren sie nicht einfach legal und cleverer als die anderen, die aus den Erfolgen nichts machen konnten? – All das regt sich im bemüht demokratisch-aufgeschlossen-tolerantem Papa-Hirn und läuft im Bruchteil einer Sekunde vor dem geistigen Auge ab. Daher konnte die Antwort danach nur lauten …

Ja, mein Sohn, gemein. Deshalb mögen sie auch nur die eigenen Fans, der Rest mag sie eigentlich nicht und freut sich, wenn sie verlieren.
Aber warum, Papa?

Jetzt müsste man doch schnell am Rechner, mal bei fussballdaten.de nachsehen oder die Transfers durchgehen oder einen anderen Hintergrundartikel schnell lesen – aber was soll’s, ist ja auch nur zum Hausgebrauch:

Mein Sohn, weil sie anderen die Spieler wegkaufen, wenn sie gerade mal zu einer guten Mannschaft geworden sind – egal ob man sie dann wirklich braucht oder nicht. Das macht die Fans der Mannschaften dort sehr traurig. Natürlich ist das nicht verboten, aber das ist so einer der Gründe. Sie haben eine gute Mannschaft, weil sie die guten Spieler der anderen wegholen – das ist nicht verboten, aber eben gemein.

Als erstes denkt man dann – warum auch immer – an den Mönchengladbacher Calle Del Haye, dabei ist das eigentlich blöd so eine olle Kammelle immer rauszukramen, und wer kennt heute noch Calle Del Haye? Man hätte den vielleicht gekannt, wenn er NICHT zu den Batzis gewechselt wäre, aber das ist ne andere Geschichte. Man denkt an den KSC, die damals einen Scholl, Kahn, Fink und Tarnat hatten (Sternkopf und Kreuzer hätte ich da sogar vergessen), an Stuttgart, die ihren Elber abgaben, natürlich an Leverkusen, an Lucio, Ballack, Ze Roberto, und natürlich an die Bremer, die eigentlich fast jeden abgeben mussten bis vor einigen Jahren, ob Herzog, Pizarro, Ismael, Klose bis hin zum Trainer-Denkmal Rehhagel. Von Dortmund bis Hamburg, alle könnten da mit Wehklagen, auch der Club, aber die waren in den letzten Jahren ja keine Konkurrenz. In den 90ern war es eigentlich nur der Sutter. Aber in den 80ern, da war der Club mal beliebter Fischteich, wie der Hansi Dorfner mit seinen 21 Jahren, der Grahammer (24), der Stefan Reuter (21) oder der Manni Schwabl (23).

Wechsel gehören zum Fußball, auch der Club lockt Spieler von anderen Vereinen, das ist klar. Bei den Batzis hatte man aber immer das Gefühl, das wäre System dahinter. Sobald eine andere Mannschaft gut ist, kauft man ihnen die Stützen weg und Ruhe ist mit der Konkurrenz. Wie ein Van Buyten, der in Hamburg so genial spielte, bei den Münchnern aber irgendwie nicht reinpasst. Oder man kauft schnell die jungen Talente ein, bevor es ein anderer tut, nur damit sie eben kein anderer bekommt – wie ein Schlaudraff (oder Podolski?) zuletzt, oder so viele andere, die danach oft nie mehr richtig in Tritt kamen und statt in der Nationalmannschaft heute in der Versenkung sind – oder wie hieß noch mal der hoffnungsvolle Verteidiger? Rau? Tobias Rau? Wo spielt der gerade?

Diese “Taktik” bei den Transfers, das ist, was die anderen Fans den Batzis “unterstellen” und warum man so viel Sympathie mit Mannschaften wie Bremen hat, die einfach nach und nach die Spieler teuer nach Süden verkaufen und immer wieder ein neues Talent aus dem Hut zaubern, der noch besser ist und den die Bayern dann noch lieber hätten, wie ein Mertesacker oder einen Diego – und vielleicht bald einen Özil? Mittlerweile ist Bremen auch soweit mitbieten zu können und nicht jeden Spieler ziehen lassen zu müssen, das freut die Republik – gerade weil es einfach ehrliche Arbeit war und ist, die das den Bremern erlauben, und keine russischen Millionen oder ein Standardortvorteil, den man zwar durchaus auch erst mal ausnutzen muss (insoweit mein Respekt aus Business-Sicht!), der aber eben nicht allen zu Teil wurde – aber das wäre nun wirklich mal ein langer eigener Artikel wert…

Wo war ich? Ach ja, “gemein”, genau. Und deshalb mag ich die Bayern nicht, auch wenn ich sie deswegen nicht “hasse”, sowas gehört meiner Meinung nach überhaupt nicht zum Fußball. Und ich freu mich, wenn sie gerade gegen Bremen verlieren, das hat mir richtig mein Wochenende gerettet. Noch schöner ist es aber, wenn der Club die Bayern schlägt. Das ist nicht einfach, das ist klar, aber es ist möglich – heute Abend zum Beispiel. Und dann wird gefeiert und wenn der Club doch verliert – so what?! Das ist ja das schöne, wenn man Club-Fan ist: Da reicht ein Sieg für Freudenfeiern, bei den Batzis sind Siege Pflichtprogramm.

Mein Sohn ging beim Rausgehen an Nachbars Tür vorbei und wollte nachfragen, ob er die Bayern auch nicht mag und Papa insoweit Recht hatte. Leider war der Weser-Blogger aber gerade nicht zu Hause … wird aber sicher heute Nachmittag nachgeholt, da ist mein Sohn zäh. Über die Antwort ist mir nicht bange. 😛

3 Gedanken zu „Papa, darf ich für die Bayern sein? – Nein, mein Sohn. – Aber warum nicht?

  • 24.09.2008 um 18:42 Uhr
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    kompliment zu dem text! werde ihn mir natürlich vorsorgend ausdrucken und bei bedarf in der kindererziehung verwerten.

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