Dieter Hecking und Hans Meyer

Dieter Hecking und Hans Meyer, zwei Erfolgstrainer beim FCN der jüngeren Zeit – und doch unterscheidet sie (Märchen-)Welten

Vor dem Viertelfinal-Aus auf Schalke zogen manche Gazetten schon die Vergleiche: Hecking in Meyers Spuren? Nicht ganz zu Unrecht sah mal gewisse Parallelen zwischen den beiden Trainern. Beide übernahmen den Club schließlich an einem Tiefpunkt – was beim FCN allerdings a) nicht sonderlich selten ist im Tiefpunkt-reichen Vereinsleben und b) auch in der Regel in der Natur der Sache liegt, denn meistens werden Trainer an Tiefpunkten gewechselt. Daher endet der Vergleich zwischen beiden Trainern nicht nur mit dem Ausscheiden aus dem Pokal auch schon wieder, er ist eigentlich von Grund auf nicht wirklich angebracht.

Hans Meyer war als Trainer vielleicht eine Inkarnation des FCN – und vielleicht war die Beziehung daher erst Recht so derart intensiv, wie die eines argentinisches Vollblut-Tango-Paares, auch wenn ein Schmunzeln ob des Vergleichs durchaus erlaubt ist. Man war sich im Grunde so ähnlich, dass es einfach zu einer unglaublich leidenschaftlichen Liaison kommen musste, eine Liaison, bei der es wie im Rausch der Sinne nur im Himmel eine Begrenzung gab. Bis man dann mal morgens aufwachte, sich im Zimmer umsah, die Flaschen wegräumen musste und die Wirkung des Rauschs mit ziemlich unangenehmen Folgen nachließ.

Mit Meyer schien alles erreichbar und das Unmögliche wurde wahr, man erhob sich wie Phoenix aus der Asche und hatte am Ende – kein Traum, pure Realität! – einen echten Pokal in der Hand, Man schlug im Finale den frisch gebackenen Meister und feierte mit zehntausenden Menschen auf den Straßen und zog dazu noch in den Europapokal ein – nicht gnadenhalber als Pokalsieger, nein, sogar ganz regulär als Tabellensechster.

Hans Meyer war wie der Prinz und der Club das Dornröschen. Als ob der Ruhmreiche nur lange geschlafen habe, ein Fluch ihn nur in sein Verderben gestürzt und sein Los als “Depp” zugeteilt habe, bis eben ein Prinz ihn davon erlöste. Es waren märchenhafte Zustände, eine traumhafte Zeit – bis die Realität grausam zurückkam. Der Rest ist Geschichte.

Hans Meyer war kein Träumer, auch wenn er einen Traum wahr werden ließ, seine Mahnungen zum Realitätssinn verklangen im Nürnberger Umfeld wie die Mahnungen von Eltern am Kindergeburtstag, doch nicht zu viel Süßes zu essen. Und als man merkte, dass alles eben kein Märchen wahr, sondern klugen taktischen und personellen Entscheidungen zu verdanken und der Erfolg nur ein Produkt, das auf einer Welle der Begeisterung ritt, die Meyer einfach sehr lange aufrechterhalten konnte, und dass dieser Erfolg eben auch mal ein Ende haben würde, … verlor man die Nerven. Man verkannte was Ursache und was Wirkung war, man feuerte den Prinzen, weil man glaubte Dornröschen sei jetzt ja wieder wach genug, um das Königreich wieder selbst in den Griff zu bekommen. Man fiel tief, aber das wenigstens kannte man ja schon, daher rappelte man sich wieder auf. Aus dem Traum wurde wieder Arbeit, ein Wiederaufstieg gelang mit einem finanziellen Kraftakt unter schwierigen Bedingungen. Der neue kleine Prinz hieß Oenning, aber Dornröschen war skeptisch und der Traum auch nicht so wirklich prickelnd – eine kurze Affäre mit einem jungen Liebhaber, dem man dann auch schnell den Laufpass gab, als man erkannte, dass er für so ein Königreich vielleicht doch noch zu unerfahren ist.

Soweit mit den literarischen Bezügen, man sollte so einen Vergleich auch nicht überstrapazieren – und die Wirklichkeit sah das wohl ähnlich. Mit Dieter Hecking kam ein Trainer, nicht mehr, nicht weniger. Vor allem kein Konzepttrainer – aber auch kein Heilsbringer, keine Lichtgestalt, kein “Coach” oder “Team-Manager”. Hecking ist Trainer – sachlich, ruhig, akribisch und wenn es sein muss energisch und konsequent. Er hat keine neuen Wunderkonzepte in der Tasche, keine revolutionären Match-Pläne, keinen noch atemberaubenderen und noch radikaleren Jugendstil. Hecking hat die Mannschaft an neuralgischen Stellen im Rahmen der Möglichkeiten mit Erfahrung bestückt, wo diese fehlte, hat ein System gesucht, das zur Mannschaft und ihren Ansprüchen passte, und hat Spieler aussortiert, die einfach nicht mehr passten oder auch “zu viel” waren.

Hecking ist – und das ist gut so! – ein ganz normaler Trainer, vielleicht sogar einer der letzten Verbliebenen in dieser Liga. Unter Hecking gewinnt man, weil man sich das vorher erarbeitet hat, wie man gewinnen kann, und man verliert, wenn man zu viele Fehler machte oder der Gegner einfach besser war. Und wenn das Umfeld gerade wieder in Depression verfallen will, weil man mal 3 Spiele am Stück verliert, erarbeitet man sich eben wieder einen Punkt oder Sieg. Mit Hecking scheint Fußball so realistisch normal zu sein, ganz ohne Euphoriewellen und Sog der Abstiegszone, keine “typischen Dynamiken” – Fußball ist einfach nur Sport.

Und so wirkt die Mannschaft unter Hecking derzeit einfach authentisch – oder anders ausgedrückt: Sie ist einfach so gut, wie sie ist. Sie geht jedes Spiel sachlich und motiviert von neuem an und so ist man da, wo man wohl hingehört, so irgendwo zwischen 9 und 15. Talente deuten ihr Talent an, offenbaren aber auch die erwarteten Probleme, wie mangelnde Konstanz und dann und wann ein Einbruch. Und gestandene Spieler ‘mittlerer Art und Güte’ zeigen eben auch Defizite, wie man sie auch erwarten musste, wenn man nicht den Rahm abschöpfen kann. Wo einst unter Meyer noch so mancher zum Fußball-Gott über sich hinauswuchs, im Grunde ja fast eine ganze Mannschaft, scheint unter Hecking alles so ganz normal zu sein. Und das könnte in einer verrückten Liga sogar auf lange Sicht reichen, um sich wie erhofft einfach zu etablieren. So irgendwo zwischen ganz oben und ganz unten.

Ach ja, gerade hat man gegen einen Bundesliga-Dino gespielt. Gegen keine andere Mannschaft als den HSV hat man in der Bundesliga-Historie mehr Gegentore bekommen und dazu kam auch noch, dass der FCN 15 Mal in Serie nicht zu Null (Ligahöchstwert) gespielt hat. Und wäre das nicht genug: In 19 Partien hat man gegen den HSV zuletzt nur einmal gewonnen. Na und, geschenkt. Wen interessieren schon mystische Zahlenspielchen wo doch die Wahrheit am Platz liegt und ein Spiel 90 Minuten dauert. Also mal schön sachlich die Gunst der Stunde nutzen und den HSV mit 2:0 aus allen Träumen reißen. – Die suchen übrigens wohl weiter nach dem passenden Prinzen. Bewerbungen können in der Geschäftsstelle abgegeben werden – bitte nur seriöse Zuschriften.

 


 

Dieser Artikel wurde erstmals bei mySPOX unter dem Titel »Hecking küsst Dornröschen nicht« veröffentlicht. Clubfans United vertritt in dieser Saison als Teil der User-Redaktion den 1. FC Nürnberg. Wer sich über Neuigkeiten bei Clubfans@Spox per Nachricht informieren lassen will, kann sich kostenlos und unverbindlich hier anmelden.

 

11 Gedanken zu „Dieter Hecking und Hans Meyer

  • 04.02.2011 um 00:12
    Permalink

    Was lerne ich aus Alex’ Artikel:
    1. Hans Meyer war doch kein Traum!
    2. Im Hause Endl regnet es bei Kindergeburtstagen unfreiwillig mächtig viele Süßigkeiten (kommt mir irgendwie bekannt vor).
    3. Ich dachte bis jetzt wirklich, der Pokalsieg sei ausschlaggebend für die Teilnahme am UEFA-Pokal, weil Platz sechs eben nicht gereicht hätte (oder die Teilnahme am Endspiel, weil VfB Meister).
    4. Wir sind drauf und dran eine graue Maus zu werden.
    5. Oenning war ein Prinz, Hamburg hat ihn, sucht aber dennoch einen weiteren Prinzen… (Gündogan? Bader?)

    Bleibt nur die Frage:

    Wohin geht Saenko?

  • 04.02.2011 um 00:17
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    Und weil Du die negative Zahlenspiele gegen den HSV angeführt hast:
    Leverkusens Auswärtsbilanz diese Saison:
    7 Siege, 2 Unentschieden, keine Niederlage…
    Ob das mit dem Anspruch von Belschanov vereinbar ist 😉

  • 04.02.2011 um 09:19
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    @Teo
    1. Wohin Saenko geht ist wohl keine Frage. Wer kauft derzeit abgehalfterte Ex-Bundesligaspieler auf?
    2. Wer hat letzte Saison Leverkusens Serie beendet?

    • 04.02.2011 um 20:56
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      Claus: @Teo
      1. Wohin Saenko geht ist wohl keine Frage. Wer kauft derzeit abgehalfterte Ex-Bundesligaspieler auf?

      Hmm. Es ist nicht so, dass ich Saenko als DEN Glücksritter der “goldenen” Zeit betrachte, den es unter allen Umständen zurückzuholen gilt.
      Bei meiner Recherche nach den aktuellen Vereinen der Pokalsiegertruppe fiel mir auf, dass Saenko als vereinslos geführt wird. Daraus resultierte meine immer wiederkehrende Frage: Wo ist Saenko?

      Verletzungen und Unstimmigkeiten mit dem Trainer und andere Mosaiksteine hatten sich schon versammelt, da fand Alexander einen Hinweis darauf, dass Saenko, vereinslos, unmittelbar vor der Rückkehr in die Bundesliga stünde und es mehrere Interessenten gäbe.

      Abgehalftert meint das Ausmustern eines Pferdes, das zu alt und gebrechlich für seinen angedachten Nutzen (Reiten) ist.

      Im übertragenen Sinn bedeutet das, dass Du Saenko als alt, gebrechlich und nicht mehr fußballtauglich betrachtest.
      Ich kann das nicht beurteilen, da meine Informationsquellen nicht bis nach Rußland reichen.

      Ich stelle aber gerne die Fakten inklusive der drei Spielzeiten von Saenko beim Club zusammen:

      Ivan Saenko (27), *17.10.1983 (alt?)
      (aufgeführt sind nur Ligaspiele)
      2005/06 (FCN) 25 Spiele, 8 Tore, 8 Assists, Kickernote 3,25
      2006/07 (FCN) 32 Spiele, 9 Tore, 6 Assists, Kickernote 3,42
      2007/08 (FCN) 26 Spiele, 1 Tor, 1 Assist, Kickernote 4,42
      2008 (Spartak) 8 Spiele, kein Tor (? Assists)
      2009 (Spartak) 13 Spiele, 1 Tor (? Assists)
      2010 (Spartak) 9 Spiele, kein Tor (? Assists)

      Seit drei Jahren ist das nicht sehr überzeugend, was die Zahlenspiele betrifft. 2008 war er noch Nationalspieler, jetzt ist er vereinslos. Was spräche denn gegen einen stark leistungsbezogenen Vertrag bis zum Saisonende? Vielleicht “funktioniert” Saenko in Nürnberg doch noch mal. Dann ist Saenko mit 27 Jahren wahrlich nicht zu alt.
      Und wenn nicht, weil
      – nicht mehr gut genug
      – zu schwierig
      – gesundheitlich nicht mehr im grünen Bereich,
      dann endet dieses Experiment am Saisonende.

      Ich wage die Wette, dass er, wohin er auch gehen wird (so er wirklich einen Verein in der 1.Liga findet), im Laufe der Rückrunde mehr Scorerpunkte sammelt als Harry Schalkisteas.

      Am 13.Spieltag der Saison 2006/07 traf der Club im Frankenstadion auf Leverkusen. Nach 10 Spielen OHNE Sieg endete die Partie 3:2 für den Club. Das Siegtor zum 3:2 erzielte in der 85. Minute übrigens Ivan Saenko.

      • 05.02.2011 um 12:56
        Permalink

        Teo:
        Ich wage die Wette, dass er, wohin er auch gehen wird (so er wirklich einen Verein in der 1.Liga findet), im Laufe der Rückrunde mehr Scorerpunkte sammelt als Harry

        Ich würde keinesfalls dagegen wetten. Aber dass man Saenko stärker einschätzt als Harry bedeutet ja noch nicht, dass er wirklich gut ist. Das ist eine Frage des Bezugssystems. Danke übrigens für die Statistik, die, wie ich meine, auch Bände spricht. Ab der Abstiegssaison ging es mit ihm steil bergab. Ich denke nach wie vor, dass die Saison 06/07 Gift war für das Selbstbewusstsein einiger Clubspieler (nicht nur für Saenko), die dann meinten, sie wären die Überflieger. Das Ergebnis ist bekannt. Und den Hansi hat man dafür gescholten, dass er alle (Spieler, Verantwortliche und Fans) gleich nach dem Pokalsieg wieder auf den Teppich holen wollte. Ich gehörte übrigens auch zu diesen Kritikern, soviel Ehrlichkeit muss sein.

  • 05.02.2011 um 06:10
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    Hey Leute!

    Kommt der (bald vereinslose) Mubarak auch zu Schalke, wie Alexander mutmasst?

  • 05.02.2011 um 10:18
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    So wird bei e-bay ein gebrauchtes Charisteas Trikot beworben…..

    Sichert euch das legendäre Griechenland Trikot Gr. L von EURO 2004 HARRY. Der neue Topstürmer von SCHALKE 04 ANGELOS CHARISTEAS

    Der brandgefährliche Kopfballspieler, der vor und im Strafraum nur für Unruhe sorgt, ist eine spektakuläre Neuverpflichtung von Trainer Felix Magath.

    Schon bei Zeiten als er noch beim FCN spielte, spielte er so manche Abwehr, aber oft auch sich selber schwindelig. Der Club trauert immer noch seinem Publikumsliebling nach.

    Bietet gleich auf das legendäre EURO Harry Griechenlandtrikot, ihr werdet es nicht bereuen!

    • 05.02.2011 um 16:02
      Permalink

      JSchieber: So wird bei e-bay ein gebrauchtes Charisteas Trikot beworben…..Sichert euch das legendäre Griechenland Trikot Gr. L von EURO 2004 HARRY.Der neue Topstürmer von SCHALKE 04 ANGELOS CHARISTEASDer brandgefährliche Kopfballspieler, der vor und im Strafraum nur für Unruhe sorgt, ist eine spektakuläre Neuverpflichtung von Trainer Felix Magath.Schon bei Zeiten als er noch beim FCN spielte, spielte er so manche Abwehr, aber oft auch sich selber schwindelig. Der Club trauert immer noch seinem Publikumsliebling nach.Bietet gleich auf das legendäre EURO Harry Griechenlandtrikot, ihr werdet es nicht bereuen!

      Viel schwieriger sollte werden nach der Saison ein solches Trikot als “matchworn trikot” zu erwerben …

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