Kiyotakes Sinn für Gerechtigkeit

Jos Luhukay hatte seine eigene, wohl auch etwas exklusive, Wahrnehmung vom Spielgeschehen. Seine Hertha hatte den 1. FC Nürnberg “voll im Griff”, war “hoch überlegen” und soll permanent dran gewesen sein das “zweite oder dritte Tor” zu schießen. Zugeben, Berlin hat in der zweiten Halbzeit etwas mehr vom Spiel, aber von hoher Überlegenheit und permanenter Torgefahr konnte keine Rede sein. Auch Michael Wiesinger konnte der Analyse seines Trainerkollegen aus der Hauptstadt überhaupt nicht zustimmen. Zwar habe man die Hertha immer wieder durch leichte Fehler ins Spiel gebracht, dennoch hatte Wiesinger zu keiner Zeit das Gefühl das seine Mannschaft das Spiel weg gibt oder das man gar das 1:3 noch kassiert.

Doch nicht die vielen kleinen Fehler und Ballverluste in der zweiten Halbzeit waren bitter, es waren die Pfiffe aus der Pfeife von Guido Winkmann. Nach einem Zweikampf zwischen Pinola und Baumjohann langt der Berliner unserem Argentinischen Heißsporn geradewegs ins Gesicht, direkt neben dem Linienrichter. Wer Pino kennt, weiß dass dies ein Grund für ihn wäre direkt an die Decke zu gehen. Doch Pinola hielt seine Nerven im Zaum, bot dem jungen Baumjohann nur seine Stirn und gab ihm ein paar deutliche Worte auf dem Weg. Der ein oder andere Bundesligaspieler wäre in Pinolas Situation wohl schreiend zu Boden gefallen und hätte sich das Gesicht gehalten. Dass Pinola in diesem Fall kein Freund von Schauspielerei war, sollte ihm und seinen Mannschaftskameraden im Nachhinein zum Verhängnis werden.

Anstelle von Rot für eine Tätlichkeit sah Baumjohann nur Gelb und zeigte seinem Kontrahenten aus Argentinien einige Minuten später wie man sich auf den Boden fallen lässt und daraus auch noch Kapital schlagen kann. Pinola spielt im Strafraum gegen Baumjohann klar den Ball, doch Guido Winkmann entschied dennoch, und entgegen der Meinung seines Linienrichters, auf Elfmeter und brachte die Hertha damit durch Ronny in Führung. Doch wenn sich eine Sache unter der Führung von Michael Wiesinger grundlegend gegenüber den Zeiten unter Dieter Hecking geändert hat, dann ist dass die Moral die diese Mannschaft ein weiteres Mal unter Beweis gestellt hat. Nach einem “Foul” an Ginczek bekam der 1. FC Nürnberg – böse Zungen behaupten es wäre eine Konzessionsentscheidung gewesen – einen Freistoß an der Strafraumgrenze zugesprochen. Kiyotake überlegte eine Weile, nahm dann Maß und schlenzte den Ball mit einem fulminaten Schuss in die lange Ecke des Tores und brachte damit wieder ein kleines Stück Gerechtigkeit zurück auf den Fußballplatz.

Unter dem Strich ein durchwachsener, aber gleichzeitig auch kein schlechter Saisonauftakt für den 1. FC Nürnberg. Wer zweimal 2:2 gegen Mannschaften spielt, die in ihrem Spiel vor oder nach dem Club dem Gegner 5-6 Tore einschenkten, kann nicht so viel falsch gemacht haben.

 

17 Gedanken zu „Kiyotakes Sinn für Gerechtigkeit

  • 18.08.2013 um 23:27 Uhr
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    Ich bin immer noch der Meinung, dass vor dem 2:2 nicht Foul an Ginczek sondern an Drmic gepfiffen wurde, der 2m dahinter gelegt wurde.

    • 18.08.2013 um 23:30 Uhr
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      Michl: Ich bin immer noch der Meinung, dass vor dem 2:2 nicht Foul an Ginczek sondern an Drmic gepfiffen wurde, der 2m dahinter gelegt wurde.

      Im Stadion war ich der gleichen Meinung. Doch auf Sky und in der Sportschau ist man der Meinung, dass es das Foul an Ginczek war. Wie auch immer, der Ball war danach im Tor 🙂

  • 19.08.2013 um 00:47 Uhr
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    Kicker gibt dem Spiel übrigens eine Zwei, nach dem Einser im ersten Spiel, scheint wir sind die unterhaltsamste Truppe der Liga (zusammen mit Hoffenheim).

    Der Schiri bekommt (zurecht) ne Fünf mit der Begründung: “war mit dem intensiven Spiel mitunter überfordert. Er hatte Glück, dass ihm das Spiel nicht aus der Hand glitt. Der Elfmeter war umstritten, aber selbst TV-Bilder konnten nicht eindeutig belegen, ob Pinola zuerst den Ball oder den Fuß traf. Hätte Baumjohann nach einer Tätlichkeit an Pinola Rot zeigen müssen (53.)” Gleichzeitig wird Pinola zitiert: “Eine Fehlentscheidung? Nein, wie Pinola selbst meinte. Als “harte Entscheidung” bezeichnete er den Strafstoß”

    Das Interessanteste und für mich auch etwas überraschendste ist aber das: “”Wir werden wohl noch jemanden fürs defensive Mittelfeld holen”, sagt Bader. Zwar genießt Eigengewächs Niklas Stark (18) nach wie vor das Vertrauen, doch sind gleich zwei Alternativen weggebrochen: Markus Feulner muss aufgrund von Timothy Chandlers Formtief rechts als Verteidiger ran; dazu hat der im Winter 2012/13 von Rapid Wien gekommene Muhammed Ildiz (22) die Erwartungen nie erfüllen können und spielt derzeit keine Rolle mehr in Wiesingers Planungen.”

    • 19.08.2013 um 00:54 Uhr
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      Florian: …und noch viel interessanter: ”Wir werden wohl noch jemanden fürs defensive Mittelfeld holen”, sagt Bader.

      Polak!! Gustavo hat Martin Bader ja leider verpennt. 😉

    • 19.08.2013 um 12:42 Uhr
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      Florian:
      Das Interessanteste und für mich auch etwas überraschendste ist aber das: “”Wir werden wohl noch jemanden fürs defensive Mittelfeld holen”, sagt Bader. Zwar genießt Eigengewächs Niklas Stark (18) nach wie vor das Vertrauen, doch sind gleich zwei Alternativen weggebrochen: Markus Feulner muss aufgrund von Timothy Chandlers Formtief rechts als Verteidiger ran; dazu hat der im Winter 2012/13 von Rapid Wien gekommene Muhammed Ildiz (22) die Erwartungen nie erfüllen können und spielt derzeit keine Rolle mehr in Wiesingers Planungen.”

      Ich würde ja ehrlich gesagt jemanden für hinten links suchen – unfassbar, was Pinola da mal wieder ablieferte. Langsamer Kopf, langsamer Körper, ich fand es erschreckend.

  • 19.08.2013 um 00:48 Uhr
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    @Stefan: Kurz und sehr treffend zusammengefasst.
    Und belschanov zum Trotz: Ich sehe auch keinen Grund, jetzt in Panik zu verfallen. 4 Mannschaften haben sich ihr Torverhältnis nach gerade mal 2 Spieltagen schon richtig versaut (allen voran die Zwietracht), und da ist Braunschweig noch nicht mal dabei. Des werd scho no. Ich habe zumindest gegenüber dem Spiel in Hoffenheim eine deutliche Steigerung gesehen, trotz der Missachtung des 1. belschanovschen Gesetzes (wozu der Schiri ja auch ein klein wenig beigetragen hat).

  • 19.08.2013 um 09:43 Uhr
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    Ich bin mir nicht sicher ob man sich zur Wolfsburger “Resterampe” entwickeln sollte.Feulner als rechter Verteidiger war in den entscheidenden Szenen saustark.ich würde den Punktgewinn eher für Hertha als glücklich bezeichnen-das 1zu1war ja mehr Clubpech als Hertha-können.Schäfer war auch ziemlich stark.beim Elfmeter war es meiner Meinung einfach Pech das der Ball nachdem Pino ihn wegspitzelt Baumjohann noch gegen das Bein geht-der Ball wäre sonst rechts ins Seitenaus geflogen und dann hätte es gar keine Diskussion geben dürfen!Alles in Allem zwei Duseltore für Hertha und Pech für Nürnberg-auch beim Pfostentreffer und der nicht gegebenen roten Karte.beim nächsten Spiel nehm ich auch nochmal ein 2zu2 ,danach den ersten Dreier

  • 19.08.2013 um 10:42 Uhr
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    “Kann”-Elfmeter mit 50:50 Wahrscheinlichkeit sind ja definitionsgemäß höchst strittig.

    Wie sehen eigentlich Elfmeter mit z.B. 60:40 aus? Ab wann darf ein Elfmeter nicht mehr gegeben werden? Ab 20%? Oder 10?

    Und wer legt die Prozente überhaupt fest? Und wie sieht das mit Abseitsfällen aus?

    Ab wieviel Prozent Sicherheit darf ein Schiedsrichter überhaupt pfeifen?

    • 19.08.2013 um 12:48 Uhr
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      BSE08: “Kann”-Elfmeter mit 50:50 Wahrscheinlichkeit sind ja definitionsgemäß höchst strittig.

      Genau. Hätte in der strittigen Szene gestern der Angreifer ein rotes Trikot getragen und der Verteidiger ein blau-weiß-gestreiftes, wäre es für mich ein glasklarer Elfmeter gewesen.

      Es ist wie meistens eine Frage des Standpunkts.

    • 19.08.2013 um 22:24 Uhr
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      BSE08: Ab wieviel Prozent Sicherheit darf ein Schiedsrichter überhaupt pfeifen?

      Gegen uns gar nicht! :mrgreen:

  • 19.08.2013 um 10:47 Uhr
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    Zum Elfmeter. Laut Pinola hatte der Linienrichter die Auffassung, dass es kein Elfmeter war. Wollte aber auch nicht weiter Einschreiten da Winkmann schon gepfiffen und auf den Punkt gezeigt hat. Warum die beiden, Schieds- und Linienrichter, nicht miteinander reden wollten verwunderte nicht nur Pinola.

    • 19.08.2013 um 11:49 Uhr
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      Stefan – Clubfans United,

      Baumjohanns amüsiert-sarkastische Bemerkung “anscheinend war das ein Elfer, den man geben kann” war immerhin ganz witzig.

  • 19.08.2013 um 22:19 Uhr
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    Die Überschrift passt wunderbar – auch wenn ich bzgl. der zwei strittigen Szenen vielleicht etwas anderer Auffassung bin:

    Das AuginAugSehen von Pino und Baumjohann war ein Aufplustern, das im Fußball öfter mal vorkommt. Schiris gehen damit in der Regel recht entspannt um, solange es nicht handgreiflich wird. Manche Referees halten das allerdings bereits für GELBwürdig und halten dafür beiden Kontrahenten diese Farbe vors Gefieder.
    In diesem Fall wurde es dann allerdings noch handgreiflich – einseitig schnellte Baumjohanns Hand, nicht grob, nicht zärtlich, aber grenzwertig in Pinolas Sichtfeld.

    Das Wort Tätlichkeit kommt mir dabei wegen der fehlenden Brutalität nicht in den Sinn, eher etwas, was man mit einer Unsportlichkeit (aber eben keiner groben) umschreiben könnte.

    Deshalb gibt es unterm Strich für den Schiri genau ZWEI akzeptable Möglichkeiten:

    GELB für Pino – ROT für Baumjohann (oder GELB und anschließend GELB-ROT) wenn man das Aufplustern mitahnden möchte oder
    NIX für Pino und eine vertretbare dunkelGELBE für Baumjohann.

    Die Verhältnismäßigkeit hat der Schiri hier komplett vermissen lassen.

    Beim Strafstoß-Pfiff bleibt mir nach wie vor der Mund offen stehen. Ein No-Go wie aus dem Bilderbuch. Es ist völlig wurscht, ob Pinola seinen Gegner danach abräumt, weil es ein Tackling von der Seite ist und er ihn nicht krankenhausreifbilligend niederstreckt. Er spielt zuerst den Ball.
    Und vor allem: WIESO kommt es nicht zum Austausch zwischen den beiden Männern in SCHWARZ, zwischen den beiden Perspektiven? Dann lässt man im Zweifel die Finger von dieser völlig absurden Entscheidung.

    Am Ende steht aber auch fest, dass die Mannschaft diese Szenen nicht als Alibi verwandt hat, sondern weiter an sich geglaubt hat. Auch wenn sie der verqueren Wahrnehmung des Hertha-Trainers damit einen gerechten Strich durch die Hauptstadt-Brille gemacht hat.

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