Drei Schüsse für Aschenputtel – Club mit Kantersieg zum Glück

Am 8. Spieltag landet der 1. FC Nürnberg im Auswärtsspiel beim Hannover 96 einen klaren Sieg, weil der FCN in Halbzeit 1 aus drei Chancen drei Tore macht.

Hannover von der Rolle, die Clubberer von der Leine gelassen

8. Spieltag 2019/2020
0 : 4

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Hannover 96 und der 1. FC Nürnberg, zwei Teams, die sich als Bundesliga-Absteiger in der 2. Liga noch zurechtfinden müssen und einen größeren Umbruch im Kader hinter sich haben. Die Erwartungen vor der Saison waren sicher hoch, aber nun auch nicht extrem hoch. Niemand ging davon aus, dass man den VfB und HSV wird spielend hinter sich lassen und in 2 Jahren in der Champions League mit ComeOn wieder auf eines der Teams wird setzen können – aber doch ein ‘wenig’ mehr als bisher durfte es schon sein. Dass der FCN bis dato so seine Probleme hatte, wusste man in Nürnberg, wie viele Probleme Hannover hat, sah man in diesem Spiel.

Das Spiel begann intensiv und nahm doch schnell seinen Lauf. Prib foult früh im Spiel im Halbfeld (gelbwürdig), dann spielt der Club gleich seine größten Stärken aus: Geis per Freistoß auf Frey, der legt ab auf den freistehenden Margreitter und schon steht es 0:1. Da waren gerade 3 Minuten gespielt. Als Hannover sich sortiert und vermeintlich Zugriff aufs Spiel findet, steht es 0:2 (26.). Hack spielt den Konter mit Handwerker aus, der flankt, Hack verlängert und der Kapitän Behrens steht wieder frei und macht per Kopf die zweite Bude. Hannover sucht weiter nach Mitteln, hat teilweise fast 90% Ballbesitz und liegt zur Pause auch noch 0:3 zurück (45.). Behrens steckt auf Hack durch, der nutzt das zaghafte Abwehrverhalten und zieht Richtung Tor und vollendet fast ohne Gegenwehr zur klaren Führung.

Kaum 65% Passquote, 20% Ballbesitz, drei Schüsse aufs Tor und man führt 3:0 – die Clubfans rieben sich die Augen und hüpften vor Glück. Die Hannoveraner stellten dagegen zur Pause den Support ein. Und auch wenn mancher Club-Veteran schon die historische Aufholjagd von Hannover zitierte (2014: 3:3 nach 0:3 zur Pause), das Spiel am Montagabend gab eine solche Wendung nicht her. Der Club blieb defensiv in der Ordnung, auch Canadi wollte diesmal trotz klarer Führung hieran nichts ändern und ließ die Elf so lange auf dem Platz, bis die Belohnung folgte: Geis wieder per Ecke maßgenau auf Margreitters Schädel, 0:4 (83.). Danach war der Drops gelutscht und Slomka bedient.

Sicher ist das Zustandekommen kein Muster mit zu großem Wert (52% Passquote, 23% Ballbesitz, 45% Zweikampfquote), denn Hannover war an dem Abend einfach komplett von der Rolle und der Club gnadenlos effektiv. Das ist i.Ü. auch deswegen besonders bemerkenswert, weil man sich die fehlende Effektivität bisher ankreiden lassen musste. Aber das soll die Leistung nicht schmälern und vor allem nicht deren möglichen Wert für das Team in seiner Gänze. Es sind nicht nur die drei Punkte, es ist auch das Gefühl stabil sein zu können und gnadenlos dazu, Attribute, an denen man gerade jüngst fast schon zu verzweifeln drohte. Und vier Tore muss man eben auch erstmal schießen.

Der Club jetzt ad hoc wieder in Schlagdistanz zum Relegationsplatz, für Canadi und sein Team ein echter Befreiungsschlag. So schnell kann es im Fußball manchmal gehen: Drei Schüsse machen aus dem Krisen- wieder einen Aufstiegskandidaten und aus einem schon angezählten Trainer einen Retter, auf den man seine Hoffnung setzt. Nun muss man aber gegen St. Pauli diesen Erfolg veredeln. Gelingt das, könnte die zuletzt schon aufkommende Krisenstimmung schon bald ins Reich der Fabel wandern und in Vergessenheit geraten.

Der Spielbericht von Beglubbt TV (Video)

(folgt nach dem Spiel)

Daten & Fakten

Anstoß: 20:30 Uhr / Stadion: HDI-Arena, Hannover
Schiedsrichter: Martin Petersen
Zuschauerzahl: 26.800 Zuschauer

Aufstellung

Mathenia – Sörensen, Margreitter, Jäger – Sorg, Handwerker, Geis, Behrens, Hack, Dovedan – Frey

Bank: Lukse (Tor), Mühl, Nürnberger, Erras, Cerin, Kerk, Petrak, Iuri Medeiros, Lohkemper

Steckbrief Clubfans United

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21 Gedanken zu „Drei Schüsse für Aschenputtel – Club mit Kantersieg zum Glück

  • 01.10.2019 um 09:06 Uhr
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    Viele Clubfans dürften gestern bei der 3:0-Halbzeitführung an das Bundesligaspiel am 14.12.2013 zurückgedacht haben, als der Club schon einmal 3:0 zur Halbzeit in Hannover vorn lag. Am Ende stand es 3:3 und Hannover profitierte beim zweiten Tor (glaube ich) von der “Mutter aller Abseits-Fehlentscheidungen” (zwei Meter abseits).

    Eine Woche später hat der Club die Vorrunde sieglos beendet und ist am Saisonende abgestiegen.
    Geschichte.

    • 01.10.2019 um 10:35 Uhr
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      Schade, dass man die Entstehung von Hacks 3:0 nicht zeigt, das war wohl der Fußball, den Canadi so oft herbeigeschworen hatte:
      Aggressives Stören mit anschließendem Ballgewinn durch Jäger nahe der Mittellinie, der Ball titscht zurück zu Hanno Behrens, der ihn mit Auge direkt in den Lauf von Robin Hack serviert, der es vorne dann großartig abschließt. Das war ein echter Zungenschnalzer!

  • 01.10.2019 um 09:29 Uhr
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    Endlich ist der Club aufgewacht. Ein goldener Oktober steht bevor.

  • 01.10.2019 um 10:44 Uhr
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    Platz 3 lasse ich aus Gründen der Herzinfarkt-Prophylaxe außer Acht. Wir stehen derzeit genau im halbwegs gesicherten Mittelfeld. Jeweils 5 Punkte zum garantierten Platz an der Sonne wie auch zum Tor zur Finsternis. Bin gespannt wohin wir uns nach dem schweren Pauli-Spiel orientieren. Dass die Sache mit dem bewussten Ball-Nichtbesitz-Fußball nochmals so glimpflich ausgeht, kann ich mir nicht vorstellen.

  • 01.10.2019 um 11:01 Uhr
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    Ob der Mentaltrainer schon erste Spuren hinterlässt? Der Glaube an sich selbst, der Teamspirit, der gestern zu spüren war, die mögliche Knotenlösung bei Hanno Behrens, der deutlich verbessert agierte – das war schon ein Unterschied zu den vorangegangenen Auftritten.

    St. Pauli wird jedenfalls nicht mit der Hannoverschen Ideen- und Harmlosigkeit beim Club antreten, das wird ein schwierigeres Unterfangen, zumal ich mir nicht vorstellen kann, dass der Club im eigenen Stadion den Paulianern ähnlich viel Ballbesitz geben wird. Ich vermute, Pauli wird selbst versuchen, dich gestaffelt zu stehen und seinerseits Konter zu fahren.
    Das wird sehr spannend zu sehen, wie die Mannschaft dann auftritt, ob die Effektivität ähnlich hoch gehalten und ob spielerische Lösungen erkennbar werden, um das nächste – höchstwahrscheinlich komplett andere – Spiel ebenfalls dreifach zu punkten.

    Ich freue mich jedenfalls sehr über diesen Sieg. Zumal man selten so eindrucksvoll serviert bekommt, dass Statistiken im Fußball Schall und Rauch sein können. Mich erinnert das sehr an die Rangers, die vor einiger Zeit mal mit einem Ballbesitz von 19% gegen Barca 2:1 in der CL siegten.
    Entscheidend war eben die Torschussbilanz:
    Hannover mit 10 Schüssen, davon 0 aufs Tor.
    Wie der Club in üblen Zeiten, die gar nicht lange her sind.

    • 01.10.2019 um 13:51 Uhr
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      Boah! Also die “Geburt einer Mannschaft”, wie das viele hier schon sehen, habe ich gestern nicht gesehen.

      Ich möchte die Leistung der Unseren absolut nicht schmälern, aber das war ein äußerst glücklicher Sieg, da in einigen entscheidenden Momenten, der Schiri nicht gegen uns gepfiffen hat und Hannover einfach auch schwach offensiv agierte. Die Niedersachsen waren einige Male, gerade am Anfang der Partie, sehr schön an den Flügeln hinter unsere Abwehrkette durchgebrochen und haben diese guten Möglichkeiten allesamt versiebt. Teuchert kann in der 19. auch leicht den Ausgleich machen. Und ob es nicht wenigstens einen Elfmeter für Hannover für eines der beiden Handspiele (Sorg? beim Grätschen am 5er war höchstverdächtig nach der neuen Regel; Margreitter beim abdrehenden Abwehren eher nicht, sowas wurde dennoch schon gepfiffen) geben hätte können oder sogar müssen, daran will ich gar nicht denken.

      Es ist das übliche Henne-Ei-Prinzip: War jetzt Hannover so schlecht oder der Club so gut, daß Hannover eben schlecht aussah. Ich sah Hannover schlecht, gerade bis zur Halbzeitpause und dem klärenden 3:0 war für mich ein 1:1 oder ein 1:2 Anschlusstreffer für die Niedersachsen in der Luft gelegen. Und uns gelang alles und auch der Schiri war in einigen spielentscheidenden Momenten auf unserer Seite.

      Jetzt sind wir dann gegen Sankt Pauli im eigenen Stadion gespannt, welchen Club wir da sehen werden? Den glücklichen, abgezockten wie gegen Hannover oder den Club von den vorherigen Spielen bis einschliesslich Karlsruhe, also wieder ohne Struktur, System und mit Ballgeflipper in der Defensive und Gebolze nach vorne. Da waren in der Halbzeit 1 auch einige Spielszenen zwischen dem ersten und zweiten Tor, da hat die Mannschaft wieder das Mr. Hyde Gesicht gezeigt. Wird es Dr. Jekyll am Sonntag werden?

      • 01.10.2019 um 14:21 Uhr
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        Ja, das sehe ich ganz ähnlich, ich hab auch auf den zeitnahen Ausgleich gewartet.
        Was wäre gewesen, wenn wir das Tor in der zweiten Minute nicht gemacht und dafür in der fünften eins gefressen hätten?
        Oder wenn Hannover rechtzeitig den Anschlusstreffer zum 1:2 geschafft hätte? Wären wir dann auseinandergefallen?
        In diesem Spiel hat glücklicherweise alles hundertprozentig gepasst für uns.
        Ich schwebe immer noch auf Wolke sieben, aber bis zum Sonntag sollten wir alle hübsch runterkommen. St. Pauli wird ganz sicher tief beginnen, auf Konter setzen und dann wird es wieder zäh und schwierig werden.

        Bin gespannt, ob es Medeiros mittelfristig schafft, Dovedan auf der rechten Seite zu verdrängen.

  • 01.10.2019 um 11:06 Uhr
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    yeah…,klasse leistung.
    auch das “spielen ohne ball” hat das erstemal funktioniert …
    dreimal per kopf und hacks kabinettstück ( perfekter pass v behrens )
    und gute defensivleistung.
    mögen die zweifler ein wenig ruhiger werden…
    lasst canadi und sein team weiter arbeiten !

  • 01.10.2019 um 11:44 Uhr
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    Mirko Slomka lobte kurz vor Spielbeginn vor dem Sky-Micro noch die taktische Variabilität Nürnbergs. Und rechnete mit einer Dreierkette, die er wohl liebend gerne auseinandergenommen hätte. Doch Canadi schickte eine Viererkette mit Jäger als Staubsauger davor aufs Feld. Gut gemacht.

    Hoffe, dass die Experimentierphase mit Jäger und Erras in einer Dreierkette abgeschlossen ist. Hat die taktische Vielseitigkeit gestärkt, okay. Aber als Grundordnung? Ned wirklich, oder. Eine Freude zu sehen, wie der junge Handwerker in diesem Abwehrverbund gestern an Sicherheit gewonnen, Teuchert abgekocht und generell seinen Job erledigt hat.

    Dass Canadi aber durchaus immer wieder improvisieren musste, weil gerade die Innenverteidigung mit verletzungsbedingten Ausfällen zu kämpfen hatte, ist schon auch Fakt.

    • 01.10.2019 um 12:37 Uhr
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      Ich habe das Spiel leider nicht live sehen können, aber war das wirklich eine 4er Kette mit Jäger als defensivem 6er davor, alls Berichte sprechen von einer 3er Kette mit Sörensen, Jäger und Margreiter und Handwerker und Sorg wieder als Wing backs auf den Außen?

      • 01.10.2019 um 12:51 Uhr
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        Wo hast Du denn die Berichte gelesen? Ddiese Medien kannst Du vmtl. guten Gewissens in Zukunft vermeiden ;).
        Der kicker hat’s jedenfalls anders erfasst. Gegen den Ball sah es für mich wie ein 4-1-4-1 aus – die Außenspieler standen sehr tief. (Wenngleich das – wohl erstmals richtig – funktionierende Anlaufverhalten die 3 Spieler im MF-Zentrum untereinander sehr variabel in der Höhe “aufstellte”). https://www.kicker.de/4589009/aufstellung/hannover-96-58/1-fc-nuernberg-81
        Aber Flo wird das sicher noch abschließend analysieren 😉

        • 01.10.2019 um 12:56 Uhr
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          Was ich gestern beeindruckend fand, war wie die offensiven Außen in der Defensive mehr die Innenbahn zwischen 8er und Außenverteidigern abgedeckt haben und so die Räume im Zentrum noch dichter gemacht haben.
          Sobald es in die Offensive ging, haben die beiden aber wieder ihre ursprüngliche Position eingenommen und so konnten die Konter auch über Außen vorgetragen werden.
          Bin sehr gespannt auf die Analyse.
          Mir persönlich war es etwas zu wenig Ballbesitz aber man hat dadurch auch ganz genau die Stärken aus Canadis Spielidee gesehen. Schnell, vertikal in die Spitze und das aggressive Anlaufen (wie zB Jäger vor dem 0:3).
          Schwierig wird das, wenn dir dann der Gegner den Ball überlässt. Aus dem Ballbesitz solche Momente zu kreieren ist gelinde gesagt das Meisterstück solcher Taktiken.

          • 01.10.2019 um 13:18 Uhr
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            Das 0:3 durch Jäger-Behrens-Hack war sowohl in der Entstehung als auch im Abschluss wirklich großartig.

            Taugt durchaus für die PowerPoint-Präsentation von Fußballlehrer Damir Canadi. 😉

          • 01.10.2019 um 13:53 Uhr
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            Cool!
            Das supermoderne 2-3-2-2-1 Canadi‘scher Prägung, das je nach Spielverlauf zu einem 5-4-1 oder 3-4-3 oder auch 4-2-1-3 oder… (you name it, Florian) wurde ;).

            • 01.10.2019 um 14:19 Uhr
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              Für mich ist die 4er Kette mit Abfang-Jäger davor das Modell der Zukunft, weil es eben auch nicht diese gefährlichen Fernschuss-Optionen am 16er anbietet.

              • 01.10.2019 um 15:35 Uhr
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                …manchmal ist “Retro” das neue “Fortschrittlich” :mrgreen:

                Oder in Worten: früher war alles besser 😉

              • 01.10.2019 um 18:15 Uhr
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                Mist!?

      • 01.10.2019 um 13:41 Uhr
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        Also ich meine es war defintiv eine 4er Kette zumal Canadi schon in der PK beschrieben hat, daß Handwerker derzeit in der 4er Kette auf links AV spielt und Nürnberger in der 3er Kette links AV spielt und beide noch nicht beides können.

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