Lehrerkonferenz

“Die Schönheit des Spiels”, sagt der Kunstlehrer, “Fußball, von leichter Hand, besser: mit flinkem Fuß gepinselt – nichts davon zu sehen am Samstag. Nun schön, man hat gewonnen, aber schön war das nicht. Ein Sieg profanen Kalküls. Kein Sieg der Kunst. Verbeek war ein Künstler. Verbeek wusste, worauf’s ankommt. Das war wahrer Fußball. Das war große holländische Malerei…”

“Fußball wie Musik”, schwärmt der Musiklehrer und beethovnet dadadadaa, “eine Sinfonie, virtuos komponiert…”

“Leider”, schaltet der Mathematiklehrer sich ein, “war das Orchester überfordert. Die Sinfonie war an der Kapelle vorbei komponiert. Verbeeks Gleichung ging nicht auf…”

“Vanitas vanitatum”, sagt der Lateinlehrer (klick).

“Ein Ball des falschen Glücks”, rezitiert die Direktorin (klick).

“…Wer sich in der jetzigen Situation darüber beklagt, dass existentiell notwendige drei Zähler auf eine Weise gewonnen wurden, die mit dem Kunstverständnis von Ästheten nicht kongruent ist, hat die Zeichen der Zeit und die Formel des Fußballs nicht verstanden. Ziel des Spiels ist es – ich darf das Kollegium darauf aufmerksam machen –, das Spiel zu gewinnen, sprich: die Anzahl der erzielten Tore muss höher sein als die Anzahl der Tore im eigenen Netz. Siege rechnen sich. In der Tabelle. Auf die Tabelle kommt’s an. Fußball muss sich rechnen. Fußball ist Kalkül. Wer gewinnen will, muss kalkulieren. Klug kalkulieren. Was kann die Mannschaft? Was kann der Gegner? Wie kriege ich’s hin, dass das, was die Mannschaft kann, so zum Tragen kommt, dass das, was der Gegner kann, nicht zum Tragen kommt. Notfalls muss der Bus vorm eigenen Tor geparkt werden (klick)…”

“Schöne Metapher”, bemerkt die Direktorin.

“…Stellen wir fest: In den Spielen gegen Sandhausen und gegen Osnabrück ging die Rechnung auf.”

“Quidquid agis, prudenter agas, et respice finem”, sagt der Lateinlehrer (klick), der auch Sport unterrichtet. “Wobei die Art und Weise, wie das Tor herausgespielt wurde, durchaus auch ästhetisch war.”

“Ästhetisch, weil nüchtern präzise”, ergänzt der Mathematiklehrer. “Nüchterne Präzision – das ist die Ästhetik des Fußballs.”

“That’s right”, pflichtet der Französischlehrer bei.

“Hack ist schon ein Dribbelkünstler”, lässt der Religionslehrer verlauten, “paradiesisch anmutig sein Slalom durch die Abwehr des Gegners, ein Tanz ins Metaphysische, dass er ihn nicht mit dem erlösenden 2:0 krönte, verziehen, der Torwart hat glänzend pariert, aber später muss er nach Behrens’ Vorlage den Ball im Netz versenken, da muss es klingeln, in drei Teufels Namen muss es da klingeln! Gottlob wurde diese, äh diese, man kommt nicht umhin, zu sagen: Sünde…”

“Ein veritabler Fauxpas!”, wirft der Englischlehrer ein, “ein Malheur!”

“Schlimmer noch”, versetzt der Lateinlehrer: “Ein Kampfansage ans Fatum!”

“…nicht wieder mit dem späten Ausgleich bestraft.”

“Da hat der Fußballgott endlich mal ein Auge zugedrückt”, sagt die Direktorin.

 “Nun kann ja”, blickt der Französischlehrer nach vorne, “die Devise Never change a winning team im nächsten Spiel nicht beherzigt werden, weil Hack aufgrund der fünften gelben Karte nicht im Team stehen wird. Ein bedauerliches Handikap.”

Der Sport- und Lateinlehrer schreitet zur Tafel: “Ich schlage folgende Formation für das Spiel in Heidenheim vor.”

Die mögliche Aufstellung des 1. FC Nürnberg

am 14. 2. 2020

MATHENIA (TW)

SORG         MARGREITTER         MAVROPANOS         HEISE

GEIS         NÜRNBERGER

ZRELAK              BEHRENS              HANDWERKER

FREY

Spielbeginn:

18 Uhr 30

“Voilà”, sagt der Englischlehrer.

[Zum Spiel: klick, klick, klick, klick.]

7 Gedanken zu „Lehrerkonferenz

  • 11.02.2020 um 10:52
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    Wunderbar, glänzend auch die komplementäre Besetzung der Sprachlehrer.

    Spiegelt sich irgendwie auch in der Aufstellung wider, in der unser defensivstärkster Angriff aufgeboten wird… 😉

  • 11.02.2020 um 12:46
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    sehr gut, Belaschanov.
    “FC St. Pauli am Abgrund” schreibt die Süddeutsche. Ich bin froh, dass wir 3 Punkte mehr als St. Pauli haben, aber der Abgrund ist immer noch nah.
    “Bus vor dem Tor”-Debatten finde ich zur Zeit nicht angebracht. Dafür ist Zeit, wenn wir die Liga gehalten haben.

  • 11.02.2020 um 12:51
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    Wie Keller sagt, eine gute sortierte Abwehr bespielen das können nur wenige Mannschaften in Liga 1 oder 2.
    In der 1. Liga fängt für es mich in der Tabelle vielleicht bei Leverkusen an nach oben und in der 2. Liga der HSV oder der VFB alle anderen müssen auf eine Hybridlösung eine starke Defensive und Umschaltspiel setzen.

  • 11.02.2020 um 13:33
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    Chapeau, belschanov.

  • 12.02.2020 um 10:40
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    Sehen wir es der Französichlehrerin nach dass sie nicht weiss:In der deutschen Fußball-Bundesliga folgt die Gelbsperre nach fünf Verwarnungen.Nobody is perfect

    • 12.02.2020 um 11:04
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      DeM FranzösischlehrER 🙂
      Bzgl. allgemeinem Vorwurf mangelnder Ästhetik: also zumindest Behrens’ Tor fand ich ausgesprochen schön. Im Fallen mit dem Rücken zum Tor dem Ball hier noch maximal Tempo und Richtung mitgeben zu können, als Aufsetzer – besser kann man diese Chance nicht verwandeln. Form follows function in Perfektion…

    • 12.02.2020 um 12:52
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      Habe den Fehler des Französischlehrers korrigiert und leiste mit einem verschämten “mea culpa!” Abbitte.

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