Chancenlos und fehlerhaft – Club sang- und klanglos aus dem Pokal

Der 1. FC Nürnberg verliert sein 1. Runden-Heimspiel gegen RB Leipzig mit 0:3. Der Gast in allen Belangen überlegen, der Club harmlos und mit individuellen Fehlern.

Dass man dan Champions League Halbfinalisten aus Leipzig nicht an die Wand spielen kann oder kaputt pressen, dürfte jedem vor dem Spiel klar gewesen sein. Etwas mehr Gegenwehr und vor allem etwas mehr eigene Spielkultur – und sei es nur in Ansätzen – hatte sich der ein oder andere dann doch erhofft. Dass die Tore dann im Wesentlichen auch noch auf individuelle Fehler zurück zu führen waren, lässt an die vergangene Saison erinnern, die man nach dem Reset und großem Personalwechsel eigentlich hinter sich hatte lassen wollen.

Mathenia gewinnt das Duell und patzt nach 3 Minuten

Das mit Spannung erwartete Duell um die Nummer 1 zwischen Mathenia und Neuzugang Früchtl (Leihbasis FC Bayern) hatte der Routinier bereits in Berlin beim letzten Testspiel für sich entschieden. Entsprechend wenig überraschend seine Startelfberufung gegen Leipzig. Doch schlimmer hätte dieses erste Pflichtspiel für ihn nicht beginnen können. Nach nur drei Minuten spielt der Keeper den Ball, zwar angelaufen, aber doch nicht wirklich bedrängt, den Ball in die Beine des Gegners. Beim Versuch zu retten, was zu retten ist, kann er dann zunächst noch punkten, steht dann aber wiederum zu weit links beim Schuss von Heidara, der seinen Ball halbhoch vom Keeper aus in die rechte Ecke setzen kann.

Das Gegentor spielte dem Gast natürlich in die Karten, ob es am Ende etwas ausgemacht hätte, wäre der Fehler nicht passiert, mag man bezweifeln. Leipzig präsentierte sich von Anfang an drückend überlegen und mindestens die eine Klasse besser, die auch die Ligazugehörigkeit dokumentiert. Zeitweise 84 % Ballbesitz verbuchte man, der Club kam nicht in die Zweikämpfe und hatte nach Ballgewinn auch keine Linie. Meist verlor man das Spielgerät postwendend durch einen Fehlpass.

Entscheidung folgerichtig in Halbzeit 2

Dass Trainerneuling Klauß mit Köpke und Schleusener nominell zwei Stürmer am Platz hatte, merkte man in Halbzeit 1 nicht, auch wenn gegen Ende dieser sowas wie Lebenszeichen vom Club zu sehen waren. Neuzugang Schäffler musste übrigens schon vor dem Spiel mit Knieproblemen passen. Klauß reagierte zur Pause, brachte für Köpke nun Geis. Richtig geändert hatte das im Grunde nichts, fast im Gegenteil: Nach zwei Minuten steht wieder Mathenia im Mittelpunkt, der einen Forsberg Schuß nur nach vorne abprallen lässt – diesmal aber ohne Folgen. Immer wieder versuchte Leipzig nun geduldig die Vorentscheidung zu erzielen, scheiterte aber mehr an sich selbst als am Gegner, der immer wieder zu Chancen einlud. Auch hier wirkte Mathenia nicht immer besonders glücklich in seinen Aktionen, wie nach 63 Minuten, als er einen Olmo Schuß wieder abprallen lassen muss – doch Klostermann in die Wolken im Nachschuss.

Immerhin: Geis hatte zwischenzeitlich einmal aufs Tor geschossen, wenn auch harmlos und wahrscheinlich auch neben das Tor – Gulacsi wollte aber auch am Spiel teilnehmen und fing den Ball sicher. Nach 67 Minuten dann die “Erlösung” – mit dem 0:2 von Poulsen, der für Nkunku gekommen war, war das Spiel “endlich” entschieden. “Endlich” deshalb, weil im Grunde nur die Hoffnung auf den Zufall und aufgrund des knappen Rückstands noch überhaupt sowas wie eine Hoffnung und damit ein Interesse am Spiel verbunden war. Da auch die zwischenzeitlich oder im Folgenden eingewechselten Hack, Lohkemper oder Behrens nichts an der Statik dieses Spiels verändern konnte, verblieb es Leipzigs Neuzugang Hwang in der 90. Minute den Deckel drauf zu machen. Ob davor Mathenia eher für das Entschärfen des Schusses von Forsberg gelobt oder für das Abprallen lassen getadelt werden sollte, lag dann im Auge des Betrachters. Am Ausgang des Spiels und damit Ausscheiden des Clubs hätte auch dies keinen Einfluss mehr gehabt.

Fehlerhaft, chancenlos, harmlos

Unterm Strich war das Ausscheiden kein Beinbruch, da erwartet. Nach der schlechten Saison mit Relegationsplatz nach unten war klar, dass man in den Amateur-Topf musste und so einen knackigen Gegner zu erwarten hatte in der 1. Runde. Dass es dann auch noch Leipzig sein würde, war nur mit Blick auf die Trainerkonstellation amüsant. Ernüchternd und durchaus enttäuschend allerdings die Gesamtperformance. Es fehlte – bis mit Abstrichen des mitunter übermotiviert einsteigenden Neu-Kapitäns Valentini – an jeder Form physischer Gegenwehr. Dazu kamen erschreckend banale Abspielfehler im Spielaufbau, die exemplarisch an Johannes Geis dokumentiert werden sollen, der bspw. einen gewonnen Ball im eigenen Sechszehner nahezu schülerhaft zentral in die Füße des Gegners spielte – Leipzig aber daraus kein Kapital schlagen konnte. Geis wirkte wie schon in der vergangenen Saison wie ein Bernd Schuster im 21. Jahrhundert: Genial veranlagt, aber Tempo, physischer Einsatz, Handlungsschnelligkeit erfordern ein ganz anderes agieren.

Wer hoffte, dass mit Drücken des Reset-Knopfs nun alles gut wird, hat einen Dämpfer erlitten. Wer dies aufgrund der Überlegenheit von Leipzig als Muster ohne Wert verbuchen will, kann dies mit gutem Recht gern tun. Leipzig wird sicher noch andere, namhaftere Gegner des aktuellen Fußball-Zirkus ebenso alt aussehen lassen wie den Club, der auch diesmal im Pokal nur noch von vergangenen Tagen schwelgen darf, wo man noch eine große Nummer war. Heute ist man Zweitligist und die Realität ist 2. Liga. Diese Erdung hat die Niederlage nochmal anschaulich jedem frei Haus geliefert.

21 Gedanken zu „Chancenlos und fehlerhaft – Club sang- und klanglos aus dem Pokal

  • 12.09.2020 um 18:38 Uhr
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    Sehr harter, nüchterner und korrekter Kommentar über das Spiel. Jetzt muss man hoffen, dass in Regensburg wirklich ein Gegner auf Augenhöhe auf uns zukommt… (Dieses Herumgepasse im und am eigenen Strafraum geht mir übrigens langsam auf die Nerven…)

  • 12.09.2020 um 18:40 Uhr
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    Cheftrainer Klauß erwartet beim Jahn von seiner Mannschaft mehr Mut , Aggressivität und Emotionen.
    Hoffentlich ist der FCN dazu in der Lage in dieser Saison.

    • 12.09.2020 um 20:12 Uhr
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      Das hatten wir letztes Jahr auch schon. Ich hoffe, dass Schäffler fit sein wird und genau das ins Spiel einbringen kann.

  • 12.09.2020 um 18:52 Uhr
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    Ich möchte das Spiel keineswegs schönreden und gebe Alexander in nahezu allen Punkten recht, aber ich glaube, dass der frühe Mathenia-Fehler der Mannschaft alles andere als gut getan hat. Möglicherweise wollte man die defensive Ordnung erst einmal finden und sich stabilisieren, was gegen Ende der 1. Halbzeit dann auch gelang.
    Diese Variante war mir ehrlich gesagt lieber als Hurra-Fußball gegen einen Gegner, der erwartungsgemäß in allen Belangen überlegen ist und man dann ins offene Messer rennt.

    Mühl gefiel mir sehr gut, dass Schleusener sich gegen Upamecano, Adams und wahlweise Halstenberg aufreiben würde, Köpke überfordert sein würde, wundert mich nicht. Dass Spieler, denen es vor ein paar Wochen nicht gelungen war, nach 34 Spielen die Klasse in der 2. Liga zu halten, jetzt nicht allesamt großartige Qualitätssprünge machen können, sollte man ebenso auf dem Zettel haben wie den Umstand, dass es nach einem erneuten Umbruch und durchaus erfreulichen Personalien in der sportlichen Führungsebene höchstwahrscheinlich auch in der Liga nicht automatisch gleich laufen wird.
    Aber diese Saison bin ich trotzdem hoffnungsvoller, dass der Club dem Abstieg möglichst frühzeitig nichts zu tun haben wird.

  • 12.09.2020 um 19:22 Uhr
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    Ja, wir waren chancenlos, aber wenn man bedenkt, dass der Brausekader zwanzigmal wertvoller ist als unser Team, haben wir uns ordentlich aus der Affäre gezogen.
    Mathenia ist für mich trotzdem die Nummer eins.

  • 12.09.2020 um 19:38 Uhr
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    Fand es insgesamt nicht ganz so schlimm, wie es beispielsweise im Kicker geschrieben wird. RB war halt auch einfach mal bei den vier besten Mannschaften dieses Jahr dabei.

    Gibt es nach dem ersten Pflichtspiel immer noch Leute hier, die die Früchtl-Leihe falsch finden?

    • 12.09.2020 um 20:44 Uhr
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      Nach der Leistung heute würde ich jetzt vor Saisonbeginn noch einen Wechsel auf der Torwartposition vornehmen.

      • 12.09.2020 um 21:04 Uhr
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        Einen Versuch ware es wert

  • 12.09.2020 um 21:48 Uhr
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    Ich frage mich seit 5 Jahren, woraus die Clubfans ihren Optimismus ableiten?
    Wir hatten in der vergangenen Saison die schlechteste Defensive und die zweitschlechteste Offensive.
    Mit Mavropanos und Erras sind zwei der besseren Spieler als Abgänge zu verbuchen. Selbst wenn Krauß und Singh die Verluste kompensieren – was sehr fraglich ist – wo hat sich die Mannschaft gegenüber der vergangenen ”Saison so verbessert, dass sie zu größen Hoffnungen Veranlassung gibt. Ich kann das beim besten Willen nicht erkennen.
    Mit der augenblicklichen Truppe befürchte ich erneut einen Abstiegskampf, den ich mir als Langzeitclubberer gerne erspart sehen würde.

    • 12.09.2020 um 23:55 Uhr
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      Bei mir kommt der Optimismus daher:
      – wenn Früchtl nur ein durchschnittlicher Zweitligatorhüter ist, haben wir 8 Punkte mehr als letzte Saison mit Mathenia
      – wenn endlich ein klares System mit konzertiertem Pressing und eng stehenden Reihen gespielt wird, wäre das DER Unterschied zu letzter Saison
      – mit Dovedan und Misidjan haben wir quasi 2 Neuzugänge, mit Schäffler und wohl auch Köpke im Gegensatz zu letzter Saison endlich Stürmer

      • 13.09.2020 um 10:59 Uhr
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        mit Schäffler und wohl auch Köpke im Gegensatz zu letzter Saison endlich Stürmer

        Also bis jetzt haben beide bei uns noch nichts nachgewiesen. Aber natürlich ist die Hoffnung da, dass es noch kommt, weil gerade der Sturm macht mir echte Sorgen. Man wird schon neidisch, wenn man sieht wie Eintracht Braunschweig gegen Hertha BSC mit ihrem Milliardär gleich mal 5 Stück reinballert. Man muß ja gegen RB Leipzig nicht gewinnen, aber das Tore schießen war nicht verboten. Da war ja noch nichtmal Gefahr 90 Minuten lang. Und man kennt die Sprüche wie ein Deja Vu aus der Vergangenheit, wie Klauß im Vorfeld zur Taktik “für Leipzig soll es eklig sein gegen uns zu spielen” aber dann schenken wir ihnen schon nach 2 Minuten ein Tor.
        Natürlich ist auch klar, gegen Regensburg wird es ein anderes Spiel, aber die wissen mit ihrem Körper betonten Spiel was eklig heißt.

        • 13.09.2020 um 12:32 Uhr
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          Braunschweig war kein seriös zu bewertendes Spiel. Bei 10:25 Chancen und allen statistischen Vorteilen bei Hertha inkl. Zweikampfquote am Ende mit 4:5 zu verlieren ist letztendlich das, was man am Fußball so gern mag – es ist vollkommen irrational. Aber ja: Wenn man nur 7 mal “in Richtung” Tor den Ball befördert und es 21 mal gefährlich wird, ist eben ein 0:3 normaler.

          Was fehlte war der Funke an Hoffnung, den man auch im Spiel der Mannschaft vermisste. Im Grunde wirkten alle so als hätten sie schon vorher verloren gehabt.

          • 13.09.2020 um 12:47 Uhr
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            Ja eben wir zu erwarten ist oder war Braunschweig in Breite gegen Hertha spielerisch unterlegen, aber genau dann 5 Tore zumachen sind ein bisschen viel Zufälle, das macht mir eher Sorgen wenn ich es mit uns vergleiche. Die scheinen schon zu wissen wie man aufs Tor schießt. Klar haben sie so etwas nicht jeden Tag, aber ich denke das war schon ein Zeichen für die Saison, schaun wir mal..

          • 13.09.2020 um 16:33 Uhr
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            Hatten wir auch verloren nach 2 Minuten. Insofern war unseres auch kein seriös zu bewertendes Spiel, wenn man gleich zum Anfang gebrochen wird und dann nicht reinfinden kann, wie man es geplant hatte. Vielleicht hätte es ohne das Tor anders laufen können. Immerhin haben wir in der 1.HZ kein weiteres gefangen…

        • 13.09.2020 um 16:24 Uhr
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          Was willst Du dann noch groß taktieren, wenn alles nach 3 Minuten Makulatur ist. Wie willst Du eklig sein, wenn Du gar nicht in die Zweikämpfe kommst, weil der Ball längst abgespielt ist? Da waren Ballstaffetten dabei, bei denen man beim Zuschauen schon schwindlig wird. Wie muss man das erst auf dem Feld empfinden, wenn man nicht die Spur einer Chance sieht?

          Trotzdem muss man dem Team Respekt zollen, dass sie mit der Zeit besser ins Spiel gekommen sind. Ich fand die Abwehrleistung gar nicht so schlimm, schließlich waren alles individuelle Fehler, am wenigsten vielleicht der von Handwerker. Aus dem normalen Spiel heraus hatten die Bullen gar nicht so viele Chancen, trotz der unglaublichen Überlegenheit. Ganz starke Leistung von Mühl übrigens.

          Ja, gegen Regensburg wird es anders werden. Sie werden uns nicht mit der individuellen Überlegenheit auf jeder einzelnen Position erdrücken. Wir starten auf Augenhöhe.

  • 12.09.2020 um 23:01 Uhr
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    Schön, dass die Truppe heute live sehen konnte, wer spielerisch einer der besten deutschen Vereine ist.
    Sehr schade, dass so eine Begegnung ohne Zuschauer stattfinden muss.

    Nüchtern betrachtet steht ein akzeptables 0:3 gegen einen in allen Belangen überlegen Gegner.

    Und ein Ausrufezeichen hinter dem Fragezeichen zwischen den Pfosten.

    Und weil es noch keiner geschrieben hat: Respekt. Klaus hat es getan. Er hat Behrens UND Geis auf die Bank gesetzt.

    Wenn das Umfeld Ruhe bewahrt, wird er einige Spieler entwickeln.

    Keine Frage. Das wird noch gut.

    • 13.09.2020 um 12:59 Uhr
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      “Verein” – Hahaha!! 🙂

  • 13.09.2020 um 00:19 Uhr
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    Mir wäre ein Weiler als Trainer lieber gewesen, jemand, der sich das vorhandene Personal anschaut und dann daraus aus dem Ist versucht, das Optimale herauszuholen. Das Leipziger System mit unserer schwachen Defensive und diesem Torhüter kann doch gar nicht funktionieren. Dazu fehlt beim Personal einfach die fußballerische Qualität, das Läuferische, die Antizipation, die Handlungsschnelligkeit und und und.

    • 13.09.2020 um 00:44 Uhr
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      Da würde ich noch ein wenig abwarten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jeder Trainer mit Leipziger Background nur und dogmatisch Leipzig-Style spielen lässt – unabhängig vom Potenzial der Truppe.

  • 13.09.2020 um 08:11 Uhr
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    Entscheidend wird der Start sein. Schade, dass es Regensburg ist. Mit einem Unentschieden könnte man schon zufrieden sein für den Anfang. Im nächsten Heimspiel muss aber dann ein Sieg her, sonst steht man schon wieder zu sehr unter Druck. Das Selbstbewusstsein ist noch nicht so ausgeprägt, wie es sein sollte, um es mal gelinde auszudrücken. Dass man gegen Leipzig verliert, war abzusehen. Wenn man aber keine einzige richtige Chance im ganzen Spiel hat, gibt das schon wieder zu denken.

  • 13.09.2020 um 17:05 Uhr
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    Ich habe ja nichts gegen Dislikes, aber wäre es nicht gescheiter, mir statt dessen zu erklären, was an meiner Analyse falsch sein soll?

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