Duell auf Augenhöhe gewonnen – Analyse zu #FCNHSV #FCN

Analyse zu 1. FC Nürnberg – Hamburger SV 2:1 (1:1)  – Der Club gewinnt erstmals seit langem gegen ein Spitzenteam, ein bisschen glücklich, aber nicht ganz unverdient.

1. Personal, Grundordnung und Spielfilm
2. Daten und Fakten
3. Die kurze Einzelkritik
4. Fazit und Stimmen
5. Statistik
6. Der Notenvergleich

1. Personal, Grundordnung und Spielfilm

Robert Klauß hielt sich an den Grundsatz “Never change a winning team” und bot tatsächlich die identische Startelf und -formation wie beim 2:0-Sieg in Rostock auf. In den Kader kehrten Geis und Schäffler nach überstandenen Erkrankungen zurück. Hübner und Valentini dagegen waren nicht im Aufgebot. Beide hatten sich am Vortag aus der CoViD-Quarantäne freigetestet, waren aber nach einer Woche ohne Mannschaftstraining kein Option fürs Aufgebot. Die Grundformation blieb zum dritten Mal in Folge ein 4-2-3-1. Christian Mathenia machte nach dem Spiel die Umstellung auf Doppelsechs neben einigen anderen Kleinigkeiten, die er augenzwinkernd als “zu taktisch, um sie zu erklären” bezeichnete, für die wieder erlangte defensive Stabilität verantwortlich. Gegen den HSV klappte das Verhindern guter Chancen vor allem nach der Pause, was allerdings für beide Teams galt.

Das Spiel begann ohne viel Anlaufzeit mit einigen kleineren Gelegenheiten: In der zweiten Minuten gab Duman, nachdem sich Muheim im Mittelfeld bei einem Kopfball verschätzt hatte und ihn laufen gelassen hatte, einen ersten Distanzschuss ab.  Jatta schloss zwei Minuten später einen schnellen Angriff, dessen Ausgangspunkt in einer Befreiung aus dem Pressing über Meffert und Reis lag, übers Tor ab. Zuvor hatte der HSV-Angreifer Handwerker ins Leere laufen lassen. Damit waren die Angriffe in der Anfangsviertelstunde noch nicht beendet: Nach einer flach ausgeführten Ecke auf Chakvetadze, wurde dessen Flanke an den langen Pfosten zu Vagnoman verlängert, doch der Hamburger Rechtsverteidiger köpfte über das Tor (8.). Köpke setzte einen Konter, der auf Grund einer Energieleistung von Fischer entstanden war nach schönem Zuspiel von selbigem neben das Tor. (11.)  Die größte Chance der Hamburger in dieser Phase hatte quasi im Gegenzug Chakvetadze. Der Georgier kam im Anschluss an einen weiteren Angriff über die rechte Hamburger Angriffsseite zum Abschluss, als Sørensen einen Schuss von Reis, der zuvor Fischer düpiert hatte, blockte und die Kugel zu ihm rollte. Mathenia parierte aber souverän mit dem Fuß und Sørensen klärte den Ball aus der Gefahrenzone.

Das Tor fiel aber auf der anderen Seite: Nürnberger leitete den Ball aus dem Zentrum auf den Flügel zu Møller Dæhli, der spielte den Ball tief auf dem Flügel zurück zu Nürnberger, dessen kurzer Haken ließ Meffert aussteigen, so dass Nürnberger nun zum Schuss kommen konnte. Den Abschluss blockte Vušković, doch der Ball flog unglücklich so in die Luft, dass Köpke nur unter den Ball laufen und ihn dann direkt aus der Luft ins Tor befördern konnte. Das Tor beendete eine wilde, offene Viertelstunde, in welcher der HSV zwar mehr vom Ball und auch die klareren Chancen hatte, der Club aber weitgehend mithalten konnte und nur dann Probleme hatte, wenn Hamburg das Mittelfeld schnell und zügig überspielen konnte. In der folgenden Viertelstunde übernahm der HSV, der zuvor schon deutlich mehr Ballbesitz gehabt hatte, endgültig das Heft des Handelns. 81Prozent Ballbesitz stehen für die zehn Minuten zwischen 1:0 und 1:1 zu Buche. Acht Pässe dauerte die durchschnittliche Ballbesitzphase des HSV in diesem Abschnitt. 

Das 1:1 war dennoch in dieser Drangphase der einzig wirklich gefährliche Abschluss. Nur per Fernschuss hatten sich Reis aus 30 Metern und Chakvetadze aus 20 Metern dem Kasten von Christian Mathenia angenähert. Das Tor viel dann aus einer der wenigen Ballbesitzphasen des FCN heraus. Es ähnelte in der Ausgangssituation sogar dem 1:0. Møller Dæhli hatte den Ball auf der linken Seite. Diesmal war es Handwerker, der zum tiefen Lauf ansetzte, doch Møller Dæhli spielte nicht den tiefen Ball, sondern quer in die Mitte. Der Pass war aber nicht scharf genug, so dass Meffert im Duell gegen Nürnberger einen Vorteil hatte und den Ballerobern konnte. Kittel nahm der eroberten Ball an, spielte ihn zu Reis. Der Niederländer ließ Møller Dæhli im Dribbling aussteigen, passte zu Kittel, der den Ball wieder über die linke Nürnberger Seite nach vorne trieb. Dort fehlte Handwerker als Absicherung, da er sich im Aufbau ja vor Møller Dæhli in Erwartung eines tiefen Balles bewegte hatte. Tempelmann orientierte sich einen Moment zu spät Richtung Kittel, so dass dieser den hinterlaufenden Jatta bedienen konnte. Der stand nun gegen Sørensen, da die Abwehrkette nach außen verschieben musste. Gleichzeitig fehlte der zu Beginn der Sequenz überlaufene Nürnberger als Absicherung im Rückraum. Das nutzte Jatta aus, passte genau in den Rückraum, wo Duman nicht vor Ludovit Reis gekommen war. Der Niederländer schloss gezielt und gefühlvoll ins lange Eck ab. Es stand 1:1.

Nach dem Ausgleich nahm das Spiel eine kleine Auszeit. Der HSV blieb die Mannschaft mit deutlich mehr Ballbesitz. Doch zu guten Torchancen führte das nicht. Ein Fernschuss von Vagnoman wurde von Sørensens Rücken zur Ecke geblockt, andere Abschlüsse hatte Hamburg in dieser Phase nicht. Der einzige Abschluss des FCN kam nach einem Freistoß von Duman. Hier hatte Schindler eigentlich eine gute Position beim Kopfball zentral vor dem Hamburger Tor, doch der Club-Innenverteidiger hatte zu viel Rücklage und köpfte so über den Kasten von Daniel Heuer Fernandes. Die Positionierung des Hamburger Keepers während der Ballbesitzphasen des HSV war im gesamten Spiel beachtenswert, da er stets weit vor dem eigenen Tor sich positionierte. So konnte er auch einmal eine potentiell brenzlige Situation nach einem schlechten Pass von Schonlau bereinigen, da er nah genug am HSV-Innenverteidiger stand.

Die Positionierung des HSV-Keepers half ihm auch direkt nach der Pause, als er einen Pass von Handwerker auf Köpke, der Schonlau entwischt war, abfangen konnte. Es war der Anfang einer kleinen Druckphase des FCN, in der er einige kleinere Chancen hatte. Schleimer schlenzte einen Ball am Tor vorbei, Handwerker prüfte Heuer Fernandes per zentralem Fernschuss. Das waren nur kleine Anzeichen dessen, wie sich das Spiel nach der Pause geändert hatte: Der Club war nun einerseits etwas mehr im Ballbesitz, wenn auch immer noch deutlich weniger als der HSV, und kam signifikant besser in die Zweikämpfe. Möglicherweise merkte man den Hanseaten nun doch an, dass sie unter der Woche über 120 Minuten im Einsatz gewesen waren. 

Die kamen bis in die Schlussphase nur durch Glatzel nach einem Freistoß von Kittel und einen von Sørensen leicht abgefälschten Schuss von Reis zu Abschlüssen. Gerade die Phase zwischen 60. und 85. Minute blieb relativ ereignisarm. Einzig ein von Schleimer schlecht ausgespielter Konter stand auf der Seite des FCN, Abschlüsse gab es gar keine. Stattdessen wurde das Spiel nun immer wieder durch kleine Fouls und Unsauberkeiten unterbrochen. Sechs gelbe Karten nach der Pause sagen ebenfalls einiges aus, auch wenn die Zweikampfbewertung durch Schiedsrichter Jöllenbeck insgesamt nicht immer ganz stimmig war. Beide Trainer verzichteten in dieser Phase auf personelle Wechsel. Tim Walter, “weil es die Statik des Spiels nicht hergab”. Robert Klauß gab zu: “Wir hatten mal kurzzeitig überlegt zu wechseln, weil wir das Gefühl hatten, die Jungs vorne werden natürlich müde. Aber wir haben gemerkt, dass da immer noch was geht, dass sie fleißig sind und immer wieder in die Situationen kommen. Deswegen haben wir es lange so gelassen.” 

So wechselte Klauß dann erst in der 85. Minute zweimal positionsgetreu, brachte Krauß für Nürnberger und Dovedan für Köpke. Die beiden waren dann sogar an der entscheidenden Szene beteiligt. Handwerker trieb nach 87 Minuten den Ball, legte ihn nach links zu Dovedan. Der Österreicher spielte zu Krauß am Strafraumeck, welcher die Kugel zurück zu Handwerker gab. Der Club-Linksverteidiger dribbelte mit dem Ball am Fuß nach innen und schlenzte den Ball mit dem schwächeren rechten Fuß in Richtung langes Eck. Der eigentlich gut postierte Daniel Heuer Fernandes wartete mit dem Abspringen bis klar war, ob Taylan Duman in der Mitte den Ball noch erreichen würde, hechtete dann Richtung Ball. Dabei überschätzte der HSV-Keeper aber, wie hoch der Ball abspringen würde und flog über dem Ball an ihm vorbei. Christian Mathenia nahm nach dem Spiel sein Gegenüber hinsichtlich dessen in Schutz: “Wir hatten heute den Rasen im Fünfmeterraum neu verlegt gehabt. Ich glaube, dass es daran lag, weil der Rasen sehr tief war und der Ball kaum hochgesprungen ist.” Eine Beteiligung des Greenkeepers an der Siegprämie lehnte Dieter Hecking auf Nachfrage nach dem Spiel aber mit einem Lächeln ab.

Es folgte ein wenig zielstrebiges Anrennen des HSV gegen einen FCN, der in der Schlussphase nach den Einwechslungen von Šuver und Geisfür Schleimer und Møller Dæhli im 5-4-1 verteidigte. Es fehlte den Hamburger aber an Struktur und Kraft, um noch zu signifikanten Gelegenheiten zu kommen. 

2. Daten und Fakten

Die klassischen Spieldaten wie Ballbesitz (33:67), Passzahl(247:569), Passgenauigkeit (70:86), Schussanzahl (10:14) und auch einige weniger klassische wie Ballbesitzphasen in der gegnerischen Hälfte (43:76), Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte (22:29) oder Pässe pro Ballbesitzphase (2,47:5,17) sprechen klar für eine Form der Hamburger Dominanz. Der HSV schaffte es aber nicht, diese Dominanz dann dorthin zu tragen, wo es signifikant und/oder gefährlich wurde. Schon bei den Ballbesitzphasen im eigenen Strafraum ist der Unterschied zwischen elf (FCN) und 17 (HSV) nicht mehr so gewaltig. Betrachtet man die Chancenqualität in Form der expected Goals ist je nach Anbieter – und wie hoch dieser Pascal Köpkes 1:0 (zwischen 0,76 und 0,96) einstuft, entweder der HSV (Wyscout: 1,51:1,82) oder der FCN (Fivethirtyeight: 1,6:1,2; DFL: 1,97:1,55) knapp vorne. Das zeichnet schon ein deutlich ausgeglicheneres Bild dessen, was am Samstagabend auf dem Platz passierte. Der HSV hatte vor der Pause mehr vom Spiel, der Club danach und am Ende profitierte der FCN von einer Einzelaktion, was den Sieg aber nicht gänzlich unverdient machte.

Grafik 1 macht mit Hilfe der Passnetzwerke noch einmal deutlich, warum der HSV nicht so wirklich in die Abschlussaktionen kam. So war Robert Glatzel so abgemeldet, dass er im Netzwerk gar nicht auftaucht. Er hat also von niemand mehr als zwei Pässe empfangen, es kamen insgesamt nur elf sieben Zuspiele bei ihm an. Auch ein anderer Unterschiedsspieler, Sonny Kittel, war weitgehend aus dem Spiel genommen, nur 17 Pässe spielte der 29-Jährige bis zu seiner Auswechslung in der 82. Minute. Die meisten Pässe waren zwischen den Spielern der Abwehrkette. Der HSV spielte mit 27 Prozent auch anteilig weniger seiner Pässe im Angriffsdrittel als der FCN. Der kommt in dieser Kategorie auf 32 Prozent, auch wenn das Passnetzwerk hier auf Grund der geringeren Zahl der Zuspiele auch deutlich weniger ausgeprägt ist.

Grafik 2 zeigt den deutlichen Unterschied in den Zweikämpfen zwischen dem Club vor der Pause und dem Club nach dem Seitenwechsel. Vor der Pause gewann der Club 36,5 Prozent seiner Duelle (33,3 % Offensivzweikämpfe, 46,3% Defensivzweikämpfe, 18,8% Kopfballduelle), nach der Pause 52,9 Prozent (57,9% Offensivzweikämpfe, 62,8% Defensivzweikämpfe, 48,2% Kopfballduelle). Das spricht ein bisschen dafür, dass die Müdigkeit beim HSV dann doch eingesetzt hatte im Laufe des Spiels, es spricht aber auch für einige kleinere Veränderungen in der Intensität und im Zweikampfverhalten. Besonders auffällig sind die anteiligen Steigerungen bei Tim Handwerker (1. Halbzeit: 1/8 Duellen gewonnen, nach der Pause 15/24 Zweikämpfe), Taylan Duman (vor der Pause: 6 von 21 Duellen erfolgreich bestritten, danach 9 von 11) und Lukas Schleimer (2 von 11 vor dem Seitenwechsel, 7 von 15 danach). Ebenfalls augenscheinlich, wie selten die Duelle im Zentrum geführt wurden. Das Spiel fand weitgehend auf den Außen statt.

Grafik 3 vergleicht die Balleroberungen der Teams zwischen den beiden Halbzeiten. Auch hier sieht man eine Veränderung. Vor der Pause waren die Balleroberungen des FCN meist tief in der eigenen Hälfte, liefen auch meist über das Abfangen von Bällen, in der zweiten Halbzeit dagegen fanden die Eroberungen mehr im Mittelfeld statt und auch häufiger durch Zweikämpfe am Boden. Der Club verteidigte früher, hielt den HSV dadurch auch besser vom Strafraum weg. Beim HSV ist das Bild genau gegenteilig. Vor der Pause eroberte er den Ball im Mittelfeld, nach dem Seitenwechsel vor allem in der Verteidigungszone. Bei den Hamburgern kommt hinzu, dass sie die Bälle nun mehr im Zentrum eroberten. Da ihr Aufbau aber in der Regel flügellastig ist, musste der Ball nach der Eroberung also erst nach außen gespielt werden, was Zeit kostete. Das lag aber auch daran, dass der Club das Zentrum nach der Pause deutlich besser und energischer besetzte.

3. Die kurze Einzelkritik

  • Christian Mathenia (CU-Note: 3): Gute Parade mit dem Fuß gegen Chakvetadze, dazu ein kleiner Wackler bei einer Flanke in der Nachspielzeit, sonst erstaunlich wenig gefordert.
  • Kilian Fischer (CU-Note: +3): Spielte auffällig, weil er seine Geschwindigkeit in der Vorwärtsbewegung oft positiv einsetzte und so beispielweise Köpkes Chance einleitete. Defensiv mit verlorenen Duellen und einigen Stellungsfehlern, wie vor Chakvetadzes Großchance. Deutete aber an, dass sein Tempo zur Waffe werden kann.
  • Asger Sørensen (CU-Note: 3): Stellte seinen Körper auffällig oft in die Schussbahn, verteidigte sonst weitgehend souverän.
  • Christopher Schindler (CU-Note: 3): Verteidigte umsichtig ohne zu glänzen, die meiste Arbeit hatten dank der Spielanlage aber auch andere.
  • Tim Handwerker (CU-Note: 2-): Vor allem nach der Pause bester Nürnberger, nachdem er zuvor noch einige Probleme mit Jatta hatte. Krönte seine Energieleistung mit dem Siegtor.
  • Lino Tempelmann (CU-Note: 3): Beim 1:1 etwas zu wenig energisch im Zulaufen der Lücken, sonst aber oft überall. Auch er steigerte sich nach der Pause erheblich und wurde aggressiver.
  • Fabian Nürnberger (CU-Note: 3-): Vor der Pause wieder mit ein paar kleinen Schlafmützigkeiten, aber auch mit der sehenswerten Aktion, die zum 1:0 führte. Danach präsent und aggressiv.
  • Taylan Duman (CU-Note: 3): Immer wieder mit kleinen Aktion, die große Wirkungen hatten. Solide, auch und vor allem gegen den Ball, nach vorne diesmal unauffälliger.
  • Lukas Schleimer (CU-Note: 4): Verdaddelte einen Konter und hatte ab und zu Probleme mit dem ersten Kontakt. War aber engagiert, auch wenn eben nicht alles gelang.
  • Mats Møller Dæhli (CU-Note: 4): Schlampiger Pass vorm 1:1. Auch sonst mit wenig guten Einfällen, wirkt seit Wochen leicht überspielt.
  • Pascal Köpke (CU-Note: 3): Machte erneut sein Tor, bei dem er gutes Stellungsspiel bewies, hatte noch eine weitere Chance, sonst zwar viel Engagement und überraschend viel Physis, aber nicht viel Ertrag.
  • Nikola Dovedan (CU-Note: -): Kam spät, hatte einen Ballkontakt in der Entstehung des 2:1.
  • Tom Krauß (CU-Note: -): Kam spät, hatte einen Ballkontakt in der Entstehung des 2:1, der sogar als Assist zählt.
  • Johannes Geis (CU-Note: -): Kam sehr spät, um die Führung zu halten. Das gelang.
  • Mario Šuver (CU-Note: -): Kam sehr spät, um die Führung zu halten. Das gelang.
Verlauf der expected Goals während des Spiels (Nürnberg in rot, Hamburg in blau)

 

4. Fazit und Stimmen

“Am Ende verlieren wir ein Spiel, das eigentlich 1:1 ausgeht.” Hamburgs Coach Tim Walter traf in gewisser Weise nach dem Spiel den Kern der Partie. Beide Teams lieferten sich ein Duell, in dem sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Oberhand hatten. Der HSV vor allem vor der Pause, der Club vor allem danach. Am Ende war der FCN die etwas glücklichere Mannschaft, weil ihr der Treffer gelang. Gänzlich unverdient war der Sieg aber eben nicht, weil der Club “als Mannschaft gut verteidigt und auch nicht viel zugelassen” (Tim Handwerker) hat und in der Offensive – wie schon in den beiden vorangegangenen Spielen – genug Effizienz an den Tag legte und auch wieder ein wenig Glück bei beiden Treffern hatte.

Die Konversation nach dem Spiel lief nach dem ersten Sieg über ein Top-Team in dieser Saison und dem ersten Sieg gegen den HSV seit zehn Jahren vor allem in Richtung einer möglichen Korrektur des Saisonziels nach oben. Während Tim Handwerker einmal mehr das berühmte “wir schauen nur von Spiel zu Spiel” zu Protokoll gab und es für Christian Mathenia darum ging “Leistung zu bringen und uns weiterzuentwickeln”, ließ Robert Klauß erstmals ein kleines Fenster offen und deutet zumindest die Möglichkeit an, dass da vielleicht mehr ist als nur das Erreichen des Saisonziels, als er sagte: “Wenn wir unser Saisonziel erreichen sollten, werden wir kucken, ob ein anderes Saisonziel möglich ist.” Vor allem aber hob er die Rolle des FCN als Entscheider im Aufstiegskampf hervor: “Wir spielen noch gegen viele Mannschaften von oben. Wir wollen es allen so schwer wie möglich machen und sagen: Wer aufsteigen will, muss gegen uns gewinnen.“ 

Wenn man andersrum gegen alle von oben gewänne, dann wäre man sicher auch mit im Rennen. So ganz realistisch erscheint das, nimmt man die bisherige Saison alleine als Blaupause allerdings nicht. Nicht nur deshalb berechnet Fivethirtyeight, die aktuelle Aufstiegswahrscheinlichkeit für den FCN mit 4 Prozent. Die Ergebnisse sind oft noch mit Glück erzielt, die Chancenqualität ist zwar wieder besser geworden, die offensive Struktur ist jedoch auch weiter noch ausbaufähig. In der Defensive hat man wieder Sicherheit gewonnen, allerdings fehlt am kommenden Sonntag mit Lino Tempelmann einer der beiden zentralen Mittelfeldspieler, die mit dafür gesorgt haben, dass das Zentrum dicht ist, mit einer Gelbsperre. 

Das Spiel gegen Hannover ist dann auch das nächste richtungsweisende Spiel, der Abstand zur Spitze, das betonten alle Beteiligten am Samstagabend auch noch einmal, ist durchaus noch erheblich, die Tordifferenz ein zusätzlicher Malus. Eine einzige Niederlage, wandte dann auch Tim Handwerker ein, könnte dafür sorgen, dass man “auch wieder nach unten rutschen” könnte. So gesehen, war der Sieg gegen den HSV nur die notwendige Bedingung um überhaupt die Chance auf eine Chance zu haben, noch einmal ganz oben ranzukommen. Bleiben Aggression und Glück dem FCN hold, wäre es möglich. Wahrscheinlich ist ein Aufstieg dennoch nicht.

5. Die Kennzahlen

Nürnberg   Hamburg
2 Tore 1
1,51/1,6/1,97 expected Goals (Wyscout/538/DFL) 1,82/1,2/1,55
1,36 Post Shot xG (Wyscout) 1,28
1,45 xG ohne Doppelchancen (Wyscout) 1,75
1,36 PSxG ohne Doppelchancen (Wyscout) 0,28
10 Schüsse 14
4 Schüsse aufs Tor 4
4 Ecken 9
6 Freistöße 3
33 Ballbesitz zeitbasiert (in %) 67
30,2 Ballbesitz passbasiert (in %) 69,8
79 Passquote (in %) 86
10 Fouls 16
14,2 PPDA (gegnerische Pässe pro eigene Defensivaktion) 6,5
5,5 Challenge Intensity (Defensivaktionen pro Minute gegnerischen Ballbesitzes) 8,4
14,5 Spieltempo (Pässe pro Minute Ballbesitz) 16,7
11 Ballbesitzphasen (geg. Strafraum) 17
00:10 Ballbesitzdauer (Ø) 00:18

*Alle Daten (außer den Varianten bei den xG) stammen von Wyscout. Benutzung der Daten von Wyscout unter der Journalistenlizenz des Anbieters.Die Terminologie von Wyscout wird in diesem Glossar erläutert.

6. Die Notenübersicht

Spieler CU-Note Kicker nordbayern.de BILD WhoScored SofaScore
Christian Mathenia 3 3 3 3 6,7/10 6,9/10
Kilian Fischer +3 2,5 2,5 2 6,8/10 6,8/10
Asger Sørensen 3 3 3 3 6,8/10 7,0/10
Christopher Schindler 3 3 3 3 6,5/10 6,5/10
Tim Handwerker 2- 3 2,5 3 8,0/10 7,4/10
Lino Tempelmann 3 3,5 3 3 7,1/10 6,4/10
Fabian Nürnberger 3 3,5 3 3 7,2/10 7,1/10
Taylan Duman 3 3,5 3 4 6,9/10 7,4/10
Mats Møller Dæhli 4 4 3,5 3 6,8/10 6,9/10
Lukas Schleimer 4 4,5 4,5 4 6,5/10 6,4/10
Pascal Köpke 3 3 3 3 6,8/10 6,8/10
             
Tom Krauß 6,7/10 6,9/10
Nikola Dovedan 6,1/10 6,4/10
Johannes Geis  6,0/10 -/10
Mario Šuver 6,1/10 -/10
Durchschnitt 3,09 3,31 3,09 3,09 6,72/10 6,84/10

29 Gedanken zu „Duell auf Augenhöhe gewonnen – Analyse zu #FCNHSV #FCN

  • 06.03.2022 um 14:09 Uhr
    Permalink

    Das Tor von Handwerker also mit dem schwachen linken? Deswegen segeln die Flanken von links immer ins leere 😉

    • 07.03.2022 um 09:49 Uhr
      Permalink

      Das Tor von Handwerker also mit dem schwachen linken? Deswegen segeln die Flanken von links immer ins leere

      Ich weiß nicht ob dein Fehler Ironie geschuldet ist :-), aber Handwerker ist Linksfuß und hat einen schwachen Rechten, sofern man von schwach sprechen kann. 🙂 das Tor hat er ja recht clever damit erzielt.

      In Hamburg schreien sie ganz schön laut rum und heulen auf, weil sie haben den Aufstiegsdruck , wir nicht.

  • 06.03.2022 um 14:40 Uhr
    Permalink

    Hi Flo,
    Guter Bericht mit zwei kleinen Fehlern. Handwerker schießt mit rechts das Tor und im folgenden Satz fehlt ein Wort “Er hat also von niemand mehr als zwei Pässe empfangen, kam insgesamt nur elf sieben Zuspiele an ihn”

  • 06.03.2022 um 18:01 Uhr
    Permalink

    Trifft es zu was auf twitter reichlich kolportiert wurde daß die edlen Nürnberger Fans sich ausdauernd damit beschäftigt haben, Jatta auszupfeifen? Das macht ja so richtig Vorfreude auf irgendeinen Nach-Masken-Besuch, wenn man da mit Rassisten im gleichen Stadion steht.

    • 07.03.2022 um 07:31 Uhr
      Permalink

      Rassisten machen definitiv keinen Spaß, neben denen würde ich auch nicht stehen wollen! Die Pfiffe dürften sich aber nicht auf seine Hautfarbe oder ethnische Abstammung bezogen haben (zumindest glaube und hoffe ich dies!). Sondern der besonderen Gesamtkonstellation seines Falles und dem ziemlich harten Umgang der Öffentlichkeit mit dem FCN gegolten haben.

      Jatta (Daffeh) war nicht der erste und dürfte nicht der letzte Spieler gewesen sein, der Pfeiffkonzerte erdulden muss.

    • 07.03.2022 um 20:56 Uhr
      Permalink

      Bei Jatta geht es mit Sicherheit nicht um Rassismus, sondern um vermeintlichen Betrug.

    • 07.03.2022 um 12:01 Uhr
      Permalink

      Wenn der wüsste dass Dr. Jöllenbeck einer der TOP 3 Aufsteiger des DFB in den letzten
      30 Monaten ist wäre es noch schlechter um seine Gesundheit bestellt .

      • 07.03.2022 um 17:34 Uhr
        Permalink

        Kaum zu glauben, nach der von allen Seiten als schwach empfundenen Leistung!

        Gibt es eigentlich inzwischen eine Erklärung, für was zum Geier Mathenia und Klauß Gelb gesehen haben?

        • 07.03.2022 um 18:07 Uhr
          Permalink

          Also Klauß wurde ermahnt und und dann gab es eine Armbewegung ca.180 Sekunden später
          Richtung Dr. Jöllenbeck weil Klauß mit einer Entscheidung nicht einverstanden war.
          Bei Mathenia kann ich es mir nur so erklären dass er Richtung Assistenten gemeckert hat.
          Insgesamt ist es auf jeden Fall so dass Klauß schneller mit Gelb bedacht wird als die meisten
          anderen Cheftrainer .Ich weiß es gibt hier auch einige die der Meinung sind dass der FCN Cheftrainer zu viel meckert aber da unsere Spieler alle so brav sind geht des für mich in Ordnung.

          Wahnsinn dass Dr.Thomsen gestern (90+4) den klaren Elfer für Dresden nicht gibt (Foul von Toprak).
          Wenn man dann noch an den geschenkten Elfer gegen S 04 denkt ist Bremen nicht vom Pech verfolgt.

    • 08.03.2022 um 17:51 Uhr
      Permalink

      Hahaha – sympathisch der Kollege, guter Mann. Man kann gerade als Glubberer seinen Frust verstehen. Andererseits war der HSV ja nicht schlecht, sondern hatten nur kein Glück.

      • 08.03.2022 um 22:09 Uhr
        Permalink

        Nein der HSV hatte kein Pech, sie haben einfach ihre Überlegenheit zu Beginn nicht in Tore umgesetzt und am Ende ist ein, da gebe ich Walter schon Recht ein klassisches 1:1 Spiel, durch eine Gurke ins lange Eck entschieden, der haltbar war.

  • 07.03.2022 um 01:22 Uhr
    Permalink

    Sehr beeindruckend fand ich, wie wenig Chancen wir v.a. in der 2. Hälfte zugelassen haben. Die Unterschiedsspieler Kittel und Glatzel waren komplett abgemeldet.

    Also einen großen Anteil am Sieg trägt die geschlossene Defensivleistung!

    • 07.03.2022 um 09:53 Uhr
      Permalink

      Die man auch aus der Gesamtlaufleistung absehen kann, 122,28 km zu 118 km (Kicker) sind schon ein deutlicher Unterschied. Den Sieg hat man sich wirklich mit Wille erarbeitet und sich auch nicht von der starken ersten Halbzeit des HSV beeindrucken lassen.

  • 07.03.2022 um 11:51 Uhr
    Permalink

    Ganz schön arrogant und mit Mangel an Respekt, der Herr Walter:

    “Wenig beeindruckt vom Club gab sich Robert Klauß‘ Hamburger Kollege; „hinten anfällig“ seien die Nürnberger, sagte Tim Walter im Bezahlfernsehen, für seinen Geschmack außerdem viel zu unselbständig: „Der Gegner schaut nach uns, aber wir nicht nach dem Gegner.“ ”

    Tja, jetzt sehen sie unsere Rücklichter, wenn sie nach uns schauen…

    Hinten anfällig, hehe, so kann man sich täuschen. Dass der HSV so wenig klare Chancen hatte, ist vermutlich auch darauf zurückzuführen, dass sie von unserem Taktikfuchs ausgecoached wurden. manchmal ist es eben doch gut, nach dem Gegner zu schauen…

  • 07.03.2022 um 12:30 Uhr
    Permalink

    Walter gegen Streich im Pokalhalbfinale wird für den 4. Offiziellen und sein Team etwas anspruchsvoll.

  • 07.03.2022 um 17:14 Uhr
    Permalink

    Eigentlich eine Frechheit, dass nach einem Sieg über den Aufstiegsfavoriten HSV kein einziger Cluberer in der Kicker – Elf des Tages ist. Da hätte ich zumindest Handwerker erwartet, da der Kicker eigentlich Tore immer überproportional honoriert.

    Aber der ist nichtmal Spieler des Spiels, sondern sein Gegenüber Fischer…

    • 07.03.2022 um 17:26 Uhr
      Permalink

      Der Kicker und sein Umgang mit dem FCN ist doch schon seit langen Jahren ein besonderer.

    • 07.03.2022 um 17:31 Uhr
      Permalink

      Angesichts dessen, wie grade die individuellen Leistungen aller Spieler waren, schon nachvollziehbar. War eher ein kollektiver Sieg als ein individueller. In der Elf des Tages haben, um in der Logik des Kickers zu bleiben, auch alle elf Akteure mindestens eine 2,0. Im Spiel HSV-FCN waren die Bestnoten jeweils 2,5 (Fischer und Reis). Selbst wenn die Elf des Tages äußerst Banane aussieht von der Formation her.

      • 07.03.2022 um 17:36 Uhr
        Permalink

        Ja klar, geht ja auch aus deinen Noten hervor. Aber ich dachte immer, dass beim Kicker ein Tor einen Verteidiger automatisch in die Elf des Tages befördert 😉

        Da hätte die gesamte Clubmannschaft reingehört, dann sähe es auch nicht Banane aus 😀

        Mal was Neues: Team des Tages!

  • 07.03.2022 um 18:48 Uhr
    Permalink

    Wow, bei Schalke liegen die Nerven wohl völlig blank…

  • 07.03.2022 um 22:26 Uhr
    Permalink

    Also ich finde auch für so ein leidenschaftliches Tempospiel und vermeintliche “Spitzenspiele” sind ja häufig eher lau und das war es ja nicht, dafür sind die Noten im Schnitt erstaunlich schlecht. Das ist kein Vorwurf gegenüber Florian, das ist in der NN und im Kicker das gleiche.

    Vielleicht trübt die Freude über den Sieg den eigenen Fanblick, ich weiß es nicht, aber das Pensum das zb. Tempelmann absolviert hat wie er abgeräumt aber auch immer wieder Bälle nach vorne getrieben hat, das habe ich selten von einem Spieler so gesehen, von einem eigenen, verstehe nicht wie man da bei 3 landet, auch Daehli sehe ich nicht bei einer 4 immerhin hat sein wirklich guter Steckpass auf Handwerker in den 16er und dessen abgefälschter Schuss, den Köpke abstaubte, zum 1:0 geführt. Begeisterntes Spiel immer spannend und dann eine einzige 2,5 in der gesamten Mannschaft!? Aber dito vielleicht trübt der Fanblick die objektive Bewertung, keine Ahnung.

    • 07.03.2022 um 22:38 Uhr
      Permalink

      Ich hatte auf der Tribüne nen Premier League Scout neben mir, der meinte auch nüchtern, dass es bei keinem für nen Zweier langen würde. Kann Fanauge sein, kann aber auch einfach der Unterschied zwischen Mannschaftsleistung und individueller Leistung sein, beim Club war das Ganze deutlich mehr als die Summe der Teile am Samstag, grad nach der Pause – siehe auch die Auswertung der Duelle oben.

  • 07.03.2022 um 22:50 Uhr
    Permalink

    Wieso spielte eigentlich Mathenia mit HSV und Schonlau mit FCN Logo in Ukraine Farben Kapitänsbinde ?

  • 08.03.2022 um 09:34 Uhr
    Permalink

    Ich würde mir wünschen, dass Kilian Fischer auf der rechten AV Position erstmal gesetzt bleibt, diesen Speed (er ist einer unser Top 3 schnellsten Spieler) und die Frische und sportliche Gier haben wir mit Valentini nicht auf der Position. Wenn man Fischers skills sieht glaube ich, dass in ihm noch wahnsinnig viel Potential schlummert.

    • 08.03.2022 um 13:19 Uhr
      Permalink

      Er hat Speed, aber defensiv ist das schon wirklich noch problematisch, da waren viel Stellungsfehler dabei, viele verlorene Zweikämpfe – hab die Karte auch verlinkt – denke da ist man durch seine Auffälligkeit in der Vorwärtsbewegung etwas eingenommen. Frische, Einsatz, alles gut, daher meine These – hab’s im Podcast auch ausgeführt – ich denke, wenn er statt Schleimer spielen würde, wäre mehr gewonnen, weil er da seinen Speed einsetzen könnte, ohne dass in der letzten Linie verteidigen muss und gleichzeitig aber so ausgebildet ist, dass er sich mit Handwerker teilweise auch abwechseln kann – und dann auch wirklich sehr viel Speed auf links wäre.

      • 08.03.2022 um 14:32 Uhr
        Permalink

        Vielleicht erst mal in Hannover im Mittelfeld als Ersatz für Tempelmann.
        Nürnberger als der defensivere und Fischer als der offensivere Teil der Doppelsechs.

      • 08.03.2022 um 16:09 Uhr
        Permalink

        Ja da gehe ich mit ihm fehlt sicherlich noch Erfahrung, Stellungsspiel, das Spiel lesen können, aber da soll er sich hin entwickeln. Ich meine die Vorteile überwiegen bei ihm. Mir gefällt Valentini bis auf einzelne Ausnahmen die ganze Saison irgendwie schon nicht so gut. Ich meine da sollte auch die Kapitänsbinde nicht den sportlichen Ausschlag geben oder das muss eben umorganisiert werden.

  • 08.03.2022 um 17:44 Uhr
    Permalink

    Seguin lt. BILD ablösefrei zu Union. Der ablösefreie Aderlass in der Vorstadt geht weiter.

Kommentare sind geschlossen.