Wild, Wehen, Wiesbaden

Der Club schafft den ersten Heimsieg – eine schwere Geburt nach wildem Spiel.

Das Beste vorweg: Drei Punkte sind im Sack und der Club dreht endlich mal wieder ein Spiel nach Rückstand zu einem Sieg um. Dass dies gegen den in der Saison bisher starken Aufsteiger gelang, der zudem mit bis dato einem Gegentor defensiv sehr stabil sich zeigte, bedurfte viel Glauben, Willen, Einsatz und letztendlich der Konsequenz des Schiedsrichters, was zunächst eher gegenteilig anmutete.

Nach munterem Beginn der Kicker in Rot-Schwarz hebelt ein langer Ball auf Prtajin die Club-Defensive aus und Gürleyen kann sich nur noch unsportlicher Mittel bedienen – für Schiri Petersen, der davor schon Loune Geld verwarnt hatte, ein klarer Fall von Notbremse. Hart, aber fair, dennoch hat man mit diversen Argumentationen hier auch schon Gelbe für ausreichend erachtet gesehen. Petersen begab sich damit auf eine farbenfrohe Reise durch dieses Spiel, die sicher im einzelnen vertretbar erschien, in der Summe aber das Bild eines sehr harten oder besonders unfairen Spiels widerspiegelt, das es an sich aber gar nicht war. Mit der Folge, dass auch Lee auf der Gegenseite noch vor der Pause den nominellen Gleichstand herstellte (Gelb-Rot nach Schwalbe und später Trikot-Zupfen) und hinten raus auch noch Angha das Feld verließ (nach Hand-Vergehen, das nur der VAR sah, und später einem Foul). Das ergab die Situation, dass beide Trainer das gesamte Spektrum eines Fußball-Lehrers coachen mussten: Je einmal Überzahl, Unterzahl, Rückstand, Führung und dazwischen mal Remis.

Da man den Ticker andernorts auch nachlesen kann, fokussieren wir uns auf ein Resümee: Der Club bleibt sich zum einen der “Böcke” treu, die er in jedem Spiel noch mindestens zwei- bis dreifach einstreut. Neben der Szene vor dem Platzverweis war da insbesondere noch die 61. Minute zu erwähnen, als beim Stand von 0:1 Prtajin mutterseelenallein den Ball über das Tor jagt. Das Gegentor selbst mag man da noch ausnehmen, auch wenn der bekannt kopfballgefährliche Torschütze vielleicht ein wenig all zu unbedrängt köpfen darf nach Eckball. Zum Resümee gehört aber auch und das ausdrücklich, dass die Mannschaft rein spielerisch ein komplett anderes Gesicht zeigt als noch die letzten 2, 3 Jahre. Man sieht die Freude am Fußball spielen und den Mut zur Finesse – wozu sicher auch Uzun in Person seinen Teil beiträgt, aber dem auch dessen Auswechslung da keinen Abbruch tat. Handwerker auf dessen Position zeigte interessanterweise auf einmal ähnliche Ansätze und war nicht nur in Vorbereitung des Elfmeters, den sein Schuss quasi herbeiführte, leichtfüßig und torgefährlich unterwegs.

Nun lesen sich nach vier Spielen zwei Siege und ein Remis mit ausgeglichenem Torverhältnis nicht nur ordentlich, es ist tatsächlich der beste Saisonstart seit sechs Jahren (Quelle: Sky). Und dass die Gegner dabei u.a. die Aufsteiger Osnabrück und Wiesbaden waren ist da keine Einschränkung. Beide Teams – insbesondere aber Wiesbaden – stellten ihr bisherigen Gegner von schwierige Aufgaben während vermeintlich schwere Gegner wie die Absteiger Schalke und Hertha schon ihre ersten Krisen zu meistern haben.

So bleibt ein gutes Gefühl vor dem Klassiker auf dem Betze. Und auch wenn man jetzt nicht gleich wieder zu träumen beginnen will, so wächst doch die Hoffnung auf eine ordentliche Saison und eine gewisse Vorfreude auf manche auch und gerade spielerische gute Darbietung mit beherzten Auftritten. Und allein das ist schon mehr als die letzten drei Jahre in der Regel hergab.

12 Gedanken zu „Wild, Wehen, Wiesbaden

  • 27.08.2023 um 17:30 Uhr
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    !!! Geht doch !!! Was will man mehr. Und auch der Blick auf die Tabelle ist endlich mal wieder angenehm. Wir sind auf dem richtigen Weg.

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  • 27.08.2023 um 17:55 Uhr
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    Endlich mal ein Coach der vom Spielfeldrand Feuer macht. War für mich heute entscheidend, dass das Spiel diese Wendung nimmt. Glaube Fiel hatte seinen Anteil am Platzverweis von Lee.

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  • 27.08.2023 um 18:28 Uhr
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    Ich finde auch, daß eine sportliche, spielerische Weiterentwicklung klar zu sehen ist. Der ballführende Spieler hat oft mehrere, attraktive Anspielstationen, es läuft fast immer ein Spieler tief, es scheint abgestimmte Laufwege zu geben. Alles das, was die letzten Jahre oft gefehlt hat. Natürlich ist da immer noch Luft nach oben, aber der eingeschlagene Weg passt. Und das führt eben dazu, daß sie Truppe auch in der Lage ist, Spiele zu drehen und trotz eines zunächst bitteren Spielverlaufs erfolgreich zu gestalten. Fiel wirkt auf mich extrem motiviert und er handelt in den Spielen frühzeitig und richtig (vier Wechsel gg H96, heute die gelb belasteten Spieler runter geholt) bzw. lernt schnell dazu. Das z.B. Geis heute nicht eingewechselt wurde, lässt erahnen, daß er konsequent seinen Weg geht, ohne Rücksicht auf große Namen. Der Start ist aus meiner Sicht gelungen, die Mannschaft hat eine spannende Mischung und macht Spaß. Hoffentlich bleibt es so.

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  • 27.08.2023 um 20:17 Uhr
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    Ich finde es auch geil, wie abgezockt die jungen Spieler den alten zeigen, wie es geht. Momentan sind sie nicht nur Herausforderer sondern zeigen mit ihrer konstant guten Leistung bisher, dass sie zurecht auf dem Platz stehen. Ich finde, die große Konkurrenz auf jeder Position, fordert alle, mehr Leistung zu zeigen, um auf dem Platz stehen zu dürfen. Und genau so soll es sein! Bis auf wenigen Ausnahmen zeigen alle plötzlich eine gute Leistung auf dem Platz.

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    • 28.08.2023 um 11:33 Uhr
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      “Abgezockt” waren gestern eigentlich die alten. Wenn man denn Handwerker und Gyamerah unter “alte Spieler” einordnen will. Auch Hübner, mit 32 demnach “uralt”, hat seine Sache ordentlich gemacht und war wichtig.

      Ich finds besser, nicht zu trennen zwischen alt und jung. Freuen wir uns doch einfach, dass die Mischung im Kader stimmt.

      Der junge Lee f*ckt sich ins Knie. Vorher muss ihn Kauczinski runternehmen – wegen Petersens konsequenter Linie und um den Jungen vor sich selbst zu schützen. Wenngleich man insgesamt den Hut vor Kauczinski und seiner Arbeit ziehen muss – der SV Wehen Wiesbaden war kein leichter Gegner.

      Unser Trainer reagiert bislang – so meine Sicht – richtig gut auf Spielsituationen. Seine Wechsel sind für mich größtenteils nachvollziehbar. Ein wie aufgezogen spielender Handwerker im LM war ein klasse Move. Auch die Herunternahme von Uzun, dessen Ballverlust das 0:1 einleitete, war absolut richtig. Dass die jungen gestern nicht glänzten, ist absolut normal und okay. Die Jungs werden auch oder gerade aus diesem Spiel viel mitnehmen.

      Laut kicker ist unsere Mannschaft 2,5 Kilometer mehr gelaufen. Das ist bemerkenswert. Zumal wir geschätzte 25 bis 30 Minuten mehr in Unterzahl waren. “Laufwunder” laut Statistik ist Goller. Ist Benni Goller jetzt ein junger oder alter? Egal. Die Sprint-Bilanz (198 zu 151) ist auch erwähnenswert. Hayashi rackert vorbildlich, finde ich.

      Ja, es war unterm Strich ein glücklicher Sieg. Prtajin muss das Spiel zugunsten der Gäste vorentscheiden in Minute 61 – da hatten wir Glück. Aber wenn man das Spiel bei so einem Verlauf noch dreht – das ist das Glück des Tüchtigen.

      Wir können mit tiefstehenden Mannschaften besser umgehen. Die Balance stimmt indes noch nicht. Es gibt noch einiges zu verbessern. Das aber ist mach 4 Spieltagen auch völlig normal. Das Wichtigste aus meiner Sicht: Es ist beherzt. @Juwe spricht anschließend von “Mindset”.

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      • 28.08.2023 um 12:19 Uhr
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        fränki: “Laut kicker ist unsere Mannschaft 2,5 Kilometer mehr gelaufen. Das ist bemerkenswert. Zumal wir geschätzte 25 bis 30 Minuten mehr in Unterzahl waren. “Laufwunder” laut Statistik ist Goller. Ist Benni Goller jetzt ein junger oder alter? Egal. Die Sprint-Bilanz (198 zu 151) ist auch erwähnenswert. Hayashi rackert vorbildlich, finde ich.”

        Für mich war Goller sogar der auffälligste Spieler gestern. Um das “Laufwunder” zu unterfüttern: nicht nur, dass er mit fast 12 km mit Abstand am weitesten gelaufen ist, er hat dabei auch sagenhafte 44 Sprints abgerissen, fast doppelt so viel wie alle anderen. Dabei hat er auch noch starke Pass- und Zweikampfquoten und die meisten seiner Dribblings gewonnen.
        Hayashi ist ne Kampfmaschine, sehr unangenehmer Gegner. Schade, dass er sich nicht noch belohnt hat. Sehr wichtig, reißt Lücken für seine Mitspieler und kann trotz seiner Größe Bälle behaupten.
        Auch sehr gut gefallen hat mir Gyambo, der immer besser wird und viel fürs Spiel tut. Der Kicker hat ihn zum Spieler des Spiels gekürt, aber für mich war das Goller, um den Fokus nicht allzusehr auf die Tore zu lenken…

        Stark finde ich auch, dass Fiel anscheinend auch aus den vermeintlichen Fehleinkäufen des letzten Jahres eine bemerkenswerte Entwicklung hervorkitzelt. Nur bei Daferner klappt es noch nicht, aber der ist für mich derzeit auch nicht der optimale Spielertyp für unser Spiel.

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      • 28.08.2023 um 12:20 Uhr
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        Da schließe ich mich Fränki an, ich finde es auch wichtig sich nicht auf die Kategorien jung und alt zu versteifen, vom Fußball einmal abgesehen ist zw. 20 und 30 doch sowieso alles jung 🙂 .. nein die Mannschaft als Ganzes zu sehen mit ihrer eigenen Mischung, das finde ich einen wichtigen Gedanken.
        Und auch absolut d’accord mit der Festellung Fiél reagiert direkter mit Auswechslungen und Personalien siehe auch Daferner in der Vorbereitung alles kurz und klein geschossen als es um nichts ging, in Pflichtspielen unter dem Druck kam nichts, jetzt tun es andere. War jetzt auch nur ein Beispiel, die Auswechslungen gegen Hannover zum Beispiel ein anderes, Ja es wird mittlerweile direkter und auch nachvollziehbarer reagiert.

        Aber nach einem Erfolg der so klar gar nicht war, es gibt natürlich auch noch die Baustellen, zum einen doch vorübergehend immer wieder mal in alte, bekannte Muster und hohe Fehleranfälligkeit zu verfallen manchmal dem Spielverkauf nach unverständlich, Beispiel die letzten 15 Minuten in Osnabrück. Also es geht in eine gute Richtug aber man sollte akribisch dran bleiben alles weiter zu entwickeln.

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        • 28.08.2023 um 13:09 Uhr
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          Ich fand Goller und vor Allem auch Hayashi echt beeindruckend. Was die geackert haben….gilt aber insgesamt für die ganze Truppe.
          Was mich aber auch sehr beeindruckt ist die Geschlossenheit der ganzen Mannschaft und ganz besonders wie sich die “Alten” Valentini und Geis von Außen eingebracht haben. Während des Spiels und auch danach war das schön zu beobachten. Nix zu sehen von “beleidigter Leberwurst” und/ oder “unzufriedenen alten Spielern”.
          Abgesehen davon sollten doch diejenigen welche den “Alten” so ziemlich Alles, inklusive Zweitligatauglichkeit, absprechen, das doch einfach mal unserem Übungsleiter persönlich sagen. ich glaube sie würden sich ein Gewitter einfangen welches sich gewaschen hat…;-)

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  • 28.08.2023 um 11:14 Uhr
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    Zum einen das Mindset das Fiél glaubwürdig vorlebt und wir haben mittlerweile völlig andere Spielemente in der Mannschaft. Spieler wie Hayachi und Uzun so wuselige Dribbler erzeugen immer Stress für eine Abwehr, das hatten wir letztes Jahr gar nicht mit Dafener und Kwadwo, das war eher so die Brechstange oder Kwadwo hinter die Kette zu kommen mit der Schnelligkeit, das funktionierte aber zu selten, weil in der 2. Liga der Gegner oft von Haus aus schon sehr tief steht. Insgesamt ist alles variabler geworden im Offensivspiel. Wenn mal wenig geht, dann tuts auch mal ein Dribbling wo ein Handspiel oder ein Zupfer zu Standards oder einem Elfmeter führen gerade durch den VAR wo jede Kleinigkeit erkennbar ist. Es ist sehr viel flexibler geworden diese Saison.

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  • 28.08.2023 um 12:41 Uhr
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    Mit 29 herausgespielten Torchancen führt der Club zusammen mit F95 die Kicker-Statistik an! Wer hätte diese nach der letzten Saison erwartet? Dass wir bei der Verwertungsquote im hinteren Drittel liegen, lässt allerdings noch viel Raum für Verbesserungen. Kein Wunder also, dass mit Cedi Teuchert nur ein Clubberer in den Top-Scorern auftaucht, und der spielt auch noch beim falschen Verein 🙂

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    • 28.08.2023 um 13:00 Uhr
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      Wobei 7 erzielte Tore tatsächlich der zweitbeste Wert ist, der nur vom HSV überboten wird (11). Allerdings teilen wir uns diesen zweitbesten Wert mit etlichen anderen Vereinen. Aber das sieht schon besser aus, als die wenigsten erzielten Tore in der letzten Saison…

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    • 28.08.2023 um 13:40 Uhr
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      Ich finde es schwierig, anhand der blanken Anzahl der Torchancen die Effizienz zu bestimmen.

      In diesem Fall finde ich die xG-Sache aussagekräftiger. Weil xG halt auch die Qualität der Torchancen misst.

      Laut footystats liegt der Club mit einem xG von 1,48 auf Platz 9. Somit ist unsere Chancen-Verwertung laut dieser Statistik weder gut noch schlecht, sondern unserem bisherigen Abschneiden angemessen. Erzielt haben wir bislang 1,75 Treffer pro Spiel. Auch das liegt in xG-Nähe.

      Zu viele Chancen verdaddeln aktuell die SV Elversberg und der FC Schalke 04, wenn man xG und den Tabellenplatz in Relation setzt. Man könnte daraus folgern, dass sich Elversberg unter Wert verkauft und dass Terrode bald wieder trifft.

      Als sehr effizient erweisen sich bisher der FC Hansa Rostock und der SV Wehen Wiesbaden. Man könnte da eine “Überbewertung” vermuten. Dass Wiesbaden bei uns mit einem Spiel-xG von 1,9 und nur einem Treffer überraschend ineffizient unterwegs war – unser Glück.

      Das alles sind natürlich nur statistische Spielereien. Und ich weiß auch gar nicht, wie gut die Daten von footystats sind.

      Außerdem werden die Abwehrleistungen ignoriert. Aber diese sind bei uns ja eher unser Problem. Die Chancen-Verwertung war bislang nur in Rostock zu bemängeln. Gegen H96 war diese gut. In den letzten beiden Spielen eher mittel.

      https://footystats.org/de/germany/2-bundesliga/xg

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